Heldburg, Helene Freifrau von

Helene Freifrau von Heldburg an Ernst Haeckel, Wildbad Gastein, 4. Juli 1894

Wildbad Gastein 4.7.94.

Hoch und herzlich verehrter Herr Professor!

Soeben erhalte ich Ihren gütigen Brief vom 29. Juni nachgesandt, während man in Meiningen die Beilagen zurückbehalten hat. Da wir in wenigen Wochen nach Hause zurückkehren wollen, versage ich es mir im || Interesse der werthvollen Photogravuren selbst, Sie mir sofort nachsenden zu lassen, da ich aus Erfahrung weiß, daß Aus- u Einpacken u.s.w. solchen Blättern nicht gut bekommt. Wir freuen uns sehr auf Ihr Portrait und G. M.ʼs Bild, sowie auf den Festbericht und danken Ihnen vorläufig herzlich dafür, daß Sie unserer gedachten und uns unter Ihren Freunden wissen! Wir haben noch nicht die Hoffnung aufgegeben, Sie, verehrten Herrn, im Laufe des Sommers oder doch Herbstes in Altenstein bei uns zu haben, wenn des Herzogʼs Gesundheit uns auch leider noch keine definitiven Pläne gestattet. Bis jetzt hat die Kur hier seine || ischiatischen Schmerzen, die leider ihm alles Gehen unmöglich machen, nur noch mehr aufgewühlt, aber der Arzt, sowie viele Leidensgenossen hier, werden nicht müde, uns auf die Nachwirkung derselben zu vertrösten. Der Arzt wünschst sogar dringend eine zweite, kürzere Kur im September – wenn der Herzog sich || zu derselben entschlösse, würden wir, was den Sommer anlangt, nur den Monat August in Altenstein sein und dann im Herbste von gegen Ende September bis November. So wie wir zurück sind und der Herzog sich mit seinem dirigirenden Arzt, dem Berliner Fürbringer inʼs Einvernehmen gesetzt hat, gebe ich Ihnen || wieder Nachricht, verehrter Herr Professor, und frage an, welche von den Zeiten, die wir Ihnen zur Verfügung stellen können, Ihnen am besten paßt. Es würde mir große Freude machen, Sie über „manche Gedanken“, die das von Ihnen als „wunderlich“ leider nur zu richtig bezeichnete Werk Bormannʼs angeregt hat, zu hören. Ich habe das Buch mir gleich nach seinem Erscheinen kommen lassen, wie ich Alles verfolge, was in der Frage hüben und drüben geleistet wird, – armer Bacon! Er hat mit seinen Freunden ebenso viel Unglück, wie mit seinen Feinden! Solche Tüfteleien und haltlose Parallelen können der Sache nur schaden. Im Uebrigen halte ich es mit Gamaliel! –|| Der Herzog, der eben sein 20stes Bad genommen hat, trägt mir herzliche Grüße an Sie, verehrter Herr Professor, auf, und läßt sagen, er freue sich mit mir der Hoffnung eines baldigen Wiedersehenʼs! Eine Stunde mündlichen Verkehrs ist besser als zwanzig Briefe für eine so schlechte Correspondentin zumal wie ich es || bin. Möchten auch Sie gern wieder einmal einkehren beim Herzog und Ihrer Ihnen

aufrichtig und warm ergebenen

Heldburg.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
04.07.1894
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 10348
ID
10348