Meiningen | 5 Januar 1909
Lieber Häckel!
Es war außerordentlich liebenswürdig von Ihnen trotz des Drangʼs von Geschäften, die sich in den Tagen vor Neujahr fast Jedem aufbürden, mir zu schreiben, und danke ich Ihnen auf das Wärmste dafür sowie für Ihre guten Wünsche für dieses angebrochene Jahr, das meiner Frau und mir hoffentlich ein besseres Gesicht macht, als das vorige. Besonders für meine Frau war das verflossene Jahr schrecklich; denn sie verlor am 12ten December ihren einzigen Bruder, von dem sie unglück-||licher Weise seit Juli wußte, dass er Todescandidat sei.
Sie werden schon so bald Ihrer Vorlesungen aufgeben! Das ist für den Splendor der Universität sehr sehr traurig, wenn auch eine Kraft gefunden ist, welche in Ihrem Sinne weiter wirken wird. Für Ihre Gesundheit und für Ordnung Ihres Museumʼs ist es aber gut und wünsche ich Ihnen denn zum Jahreswechsel, Sie möchten sich leicht und fröhlich in die etwas modificirte Situation finden und sehr viel Freude erleben an der Aufstellung Ihrer Schätze bis in Medusalemʼs Alter.
Daß Sie in das neue Museum mein Portrait begehren, erfüllt mich mit Stolz, wenn mir mein Gewissen auch deutlich zuraunt, ich || sei dieser Ehre eigentlich nicht würdig. Ich hoffe, daß mein Sohn Ernst die Ausführung des Portraitʼs übernehmen wird, der meine Visage schon so oft copirt hat.
Meine Frau grüßt, dankt herzlichst für Ihre guten Wünsche, welche sie ebenso erwidert und vereinigt sich mit mir zu wärmsten Glückwünschen für Ihre Frau Gemahlin.
Mit den besten Wünschen für Ihr Wohl, lieber Haeckel, bin ich
Ihr Ihnen von Herzen
ergebener
Georg