Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen an Ernst Haeckel, Altenstein, 22. Juli 1907
Altenstein 22 Juli | 1907
Lieber Häckel!
Auf das Angenehmste war ich überrascht, vor wenigen Tagen eine so reiche Sendung schöner und interessanter Dinge von Ihnen nebst liebem Briefe zu erhalten. Haben Sie den herzlichsten Dank dafür! Wenn man Ihre famosen Bilder aus der Tropenwelt besieht, wirft man sich vor, nichts dazu getan zu haben, jene märchenhaften Gegend zu besuchen.
Hoffentlich, so schreiben Sie, erfreuten wir uns des besten Wohlseinʼs: Das ist bei meiner Frau leider, leider || durchaus nicht der Fall! Seit Beginn des Jahreʼs ist sie recht krank und hat als Hauptleiden sich nach und nach eine höchst schmerzhafte Affection der Leber nebst Gallenblase entwickelt, wogegen sie gedenkt, Ende August in Carlsbad eine erste Kur zu gebrauchen. Meine Wenigkeit hat an Störung der Nierenfunktionen gelitten und kommen wir so eben aus Wildungen zurück, das dafür mir sehr gut gethan hat. Zu meinem Unglück habe ich mich dort aber von einem gewissenlosen Masseur ein Bein massiren lassen, das mich etwas schmerzte. Der Kerl hat athletische Kräfte, hat sich wahrscheinlich a mir als starker Mann zeigen wollen und hat deshalb mein || Bein viel zu stark bearbeitet, so daß er verschiedentliche Krampfadern lädirt hat. In Folge dessen bin ich seit fast 3 Wochen lahm und sehe nicht ab, wann die Geschichte besser werden wird. Theilweise hatte ich entsetzliche Schmerzen.
Sehr ärgerlich ist es, daß die Gelder für Ihren Museumsbau noch nicht zusammen sind! Ich will hoffen, Sie täuschen sich nicht, indem sie auf Hülfe durch den Großherzog rechnen. Der Universitätsbau schreitet unterdessen, wie ich höre, vorwärts. Für meinen Geschmack bekommen Sie eine abscheuliche Aula. Meine Bemühungen dieser ein besseres Aussehen zu retten, sind weniger an Mangel an Entgegen-||kommen Seitenʼs der Regierungen als an der Dickfälligkeit des Baumeisterʼs gescheitert. Ganz abscheulich finde ich die Decke und die Längswand links vom Sitze der Professoren. Die Letztere macht mir den Eindruck einer Zuchthausfassade.
Mittlerweile haben wir in unseren Thälern zweimal Eis auf dem Gras gehabt, jetzt scheint aber die Temperatur julimäßiger werden zu wollen, was ich für Sie recht sehr wünsche, da Sie in die Berge zu gehen gedenken.
Meine Frau sendet Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin mit mir herzlichste Grüße.
Ihr
Ihnen treu ergebener
Georg
a gestr.: vor