Carl Gegenbaur an Ernst Haeckel, Heidelberg, 23. Juni 1890
Heidelberg, 23 Juni |1890.
Liebster Freund!
Neulich konnte ich Dir schreiben, dass es mir gut ginge und dass wir uns freuten, Dein Fräulein Tochter bald bei uns begrüßen zu dürfen. Beides ist auch heute noch der Fall, allein das Befinden meines Schwiegervaters hat sich inzwischen sehr verschlimmert. Anfangs glaubten wir, dass es sich um einen wieder vorübergehenden Anfall handle, deren er seit seiner Erkrankung viele hatte, jetzt erscheint die Sache ernster, insofern die Katastrophe in größere Nähe gerückt ist, oder doch so scheint. Deine Tochter ist uns unter allen Umständen herzlich willkommen, beim Eintritte jenes Falles jedoch würde der Aufenthalt in Heidelberg für sie selbst wenig erfreulich sein. So müssen wir für jetzt um eine eventuelle Verschiebung ihres Besuches bitten. In einigen Tagen || wird die Lage klarer sein, und dann werden wir alsbald wieder Nachricht geben. Ich halte eine relative Besserung nicht für ausgeschlossen.
Was sagst Du zu dem Helgolander Linsengericht? Mich hat das Alles mit Zorn erfüllt, und ich erblicke darin den Anfang vom Ende, wenn nicht die Nation sich einmüthig gegen solche unfähigen Köpfe erhebt. Die Allgemeine Zeitung hatte von Anfang an das Richtige getroffen.
Für diesmal so viel. Hoffentlich später Besseres im Kleinen wie im Großen, dabei aber unveränderlich
Dein treuergebener
CG.
Beste Grüße von Haus zu Haus!