Karl Bauer an Ernst Haeckel, München, 7. November 1913
München. Ungererstr. 8. III.
7. Nov. 13.
Hochverehrter, bester Herr Geheimrat!
Sie haben mir mit Ihrem herrlichen Buch & der ehrenden Widmung darin eine ungemeine Freude gemacht.
Die seelige Pallas Athene ist ja leider dahin, würde sie aber noch leben, so waeren Sie als der Besitzer ihrer sämmtlichen menschlichen Eigenschaften (bis auf die Jungfräulichkeit) sicher ihr auserwählter Liebling, wie weiland Odysseus der Vielgewandte & Hehre.
Wie Sie wissen werden, habe ich || eine Radierung auf Kupfer für das von Ihrem Walther veranlasste Bildniswerk geschaffen. In nächster Woche hoffe ich von der indessen verstählten Platte feine Abzüge für Sie & Walther davon herstellen lassen zu koennen.
Das Verfahren ist natürlich viel umständlicher wie bei der Steinzeichnung, deshalb kam ich im Arbeitsdrang der letzten Zeit nicht zur Foerderung der Sache.
Auf Ihr Urteil bin ich natürlich sehr gespannt in Beziehung auf meine Auffassung. Ich suchte etwas vom Seher & Weisen hineinzulegen wie beim 80jährigen Goethe. Walther gefiel der Probe-Abzug für das Buch besonders gut. ||
Wie Sie wissen, sind unsere Wünsche für das Wohlergehen von Ihnen & Ihrer hochverehrten Gattin stets die aufrichtigsten. Auf diese Weise grüsst Sie in herzlicher Ergebenheit
Ihr
Karl Bauer & Frau.
P. S.
Durch Ihre Schwiegertochter hoerten wir gestern viel Gutes von Walthers Befinden im Süden.