Charlotte Haeckel an Anna Sethe, Teplitz, 9. August 1859, mit Beischrift von Carl Gottlob Haeckel
Teplitz 9/8 59.
Liebe Anna!
Herzlichen Dank für Deine beiden Briefe. Wohl habe ich mit Dir Gott gedankt, daß er unsern Ernst wieder so gnädig beschützt hat bei seiner unvorsichtigen Vesuvbesteigung. Wenn er endlich nur klug und vorsichtiger wird, er ist so tollkühn und denkt sich alles bieten zu können. Nun siehst Du es auch wohl ein, wie recht ich habe, Dir zu sagen, daß Du ihn ermahnen mußt, mehr Rücksicht auf seine Gesundheit zu nehmen. Daß Du im bleeckschen Hause alles leidlich wohl gefunden hast, freut mich, Gott gebe Genesung für die noch Leidenden. – Kann Ma-||richen denn zu Hause und im Gartten mit Euch sein? In diesen Tagen wird ja auch wohl Philipp eintreffen, der sich ja sehr erholt haben soll, wie der Schifskapitän [!] in Berlin gesagt hat. Das freut mich sehr. Daß Dein Finger noch immer nicht gut ist, ist ja recht fatal, schone ihn nur, daß es bald besser wird. Von Freienwalde direkt habe ich nichts gehört, Bertha schreibt gestern Quincke sei dort gewesen und habe alles wohl gefunden. –
Wir sind nun schon 8 Tage hier, natürlich läßt sich noch nicht || viel darüber sagen; Häckel hat hier doch einen Arzt angenommen, und der will nun, daß ich von Zeit zu Zeit ein Bad aussetzen soll, was mir nicht gefällt, denn so werden wir wohl 5 Wochen hier bleiben müssen, was sehr unangenehm ist 1) ist es hier überaus theuer, und 2) thut es mir für Häckel sehr leid, der gar keine Bekanntschaften gemacht hat, obgleich er oft in die Lesehallen geht, dort Kaffe trinkt. Man sieht hier fast nur Oestereicher und Sachsen, und beide || sondern sich sehr oft ab. Ueberhaupt das Land ist schön, die Menschen sprechen nicht an. – –
Hierbei schicke ich Dir einen Brief von Häckel an Ernst, wir haben seine Adresse nicht. –
Grüsse Tante Bleek und die Kinder recht herzlich von
Deiner
alten Mutter.
[Beischrift von Carl Gottlob Haeckel]
Auf den 14ten die herzlichsten Grüße. Am meisten plagt uns hier die ununterbrochne Hitze, obwohl wir schon Gewitter gehabt haben. Lotte wird wohl nicht bald zu Kräften kommen, da das Bad angreift. Das Beste ist hier die schöne Natur. Uebermorgen früh erwarten wir Minchen Coquerill. Das freut mich sehr für Lotte. Ich schlage mich hier durch mit Schlafen, Lesen und Spatzierengehen. Grüße Bleeks auf das herzlichste von mir, wir denken viel an Euch. Lies Dir meinen Brief an Ernst, den ich tüchtig ausgescholten habe. Dein Dich liebender Onkel
Haeckel