Charlotte Haeckel an Agnes und Ernst Haeckel, Potsdam, 1. Januar 1873

Potsdam 1/1 73.

Liebe Agnes!

Obgleich das an Ernst geschriebene für Dich mit ist, so muß ich Dir doch besonders danken, daß Du mir mittheilst, wie Ihr die Festtage verlebt, wohl hast Du recht, daß mich alles von Euch interessiert; und ich freue mich herzlich, daß es Euch wohl geht. – Hoffentlich werde ich in dem nun heute beginnenden Jahr die Freude haben Dich mit den Kindern bei mir zu sehn; wenn ich noch lebe. Schon lange habe ich mir vorgenommen Ernst an seinem Geburtstag zu überraschen; wenn er nun vor seiner Reise nicht herkommen kann, so werde ich, wenn nichts dazwischen kommt, Anfangs Februar zu Euch kommen. Vorläufig frage ich bei Dir an, ob ich mein Mädchen mitbringen kann, sie ist jung, anspruchsloos und nicht ungeschickt, sie || kann helfen im Hause. Nur bitte ich Dich aufrichtig zu sagen, wenn es Dir lieber ist, daß ich ohne Mädchen komme. Ich frage nur so zeitig an, weil ich darnach meine häusliche einrichtung [!] machen muß. –

Abends

Heute war ich zu Mittag bei Karl, er und Clara grüssen Euch herzlich, sie haben gestern eine Kartte an Euch geschickt. Ich kam früh zu Hause um noch mit Euch zu plaudern, da kam aber Frau Colle aus Berlin, und nun ist mein Kopf von deren vielem Schwatzen so wüst, daß ich kaum weiß was ich schreibe, und Dir lieber Lebewohl sage, und nur noch einige geschäftliche Fragen an Ernst richten will. Grüsse und küsse Deine Kinder von Deiner alten Schwiegermutter

Lotte. ||

Hast Du, lieber Ernst, aus Dortmund die gedruckte Anzeige wegen der neuen Anleihe erhalten? und wie willst Du Dich dabei betheiligen? und soll ich es Dir von hier mit dem Meinigen besorgen? Hast Du keine Anzeige bekommen, so schreibe es mir, ich schicke Dir dann unter Kreuzband die meinige. Im Januar muß es besorgt werden. Von Dir sind in Dortmund noch 400 Thaler von der früheren Anleihe, und sie müssen auch noch die Zinsen mit zahlen. Willst Du das fünfte 100 voll machen, so erhälst Du eine Actie, die zu 500 Thalern sind, und sollen 6 Procent geben, können aber nicht vor 10 Jahr gekündigt werden. − ||

Ich gedenke einige Berlin Potsdam Magdeburger Actien zu verkauffen und in Dortmund bei der Westphalia das Geld anzulegen, in meinem jetzigen Verhältniß ist es mir lieb eine bestimmte Einnahme zu haben. –

Anfangs Januar werde ich für Dich erheben Zinsena 101 Th 22½ sg

Aus der Renntcassa 19 " 3

Dann bekommen Deine Kinder zu Weihnacht

ein jeder Enkel 1 Thaler 2

also hast Du zu bestimmen über 122 " 25½

Soll ich Dir das Geld mitbringen, wenn ich nach [Jena] komme oder kommst Du her? Jedenfalls hoffe ich Deine Frau wird mit den Kindern einige Zeit bei mir sein, in Deiner Abwesenheit. – Kann ich Dir auch hier oder in Berlin noch etwas besorgen für Deine Reise? ||

Der kleine Georg hat sich in Berlin bei Helehne beeßt, und leidet seit dem an Magencartar; jetzt hoffe ich wird es bald besser werden. Auch Anna hat sich die Sehne am Fuß über angestrenkt und muß auch liegen. So giebt es immer etwas bei der großen Schaar.

Karl und Clara hatten vor einigen Tagen einen Brief vom kleinen Karl, der mich recht erfreut, b er schrieb sehr innig und aus-||führlich auch über seine Beschäftigung etc, auch spricht er sehr den Wunsch aus: Vater und Mutter möchten ihn bald besuchen. Ich wünsche auch entschieden, daß Clara mitgeht, wenn Karl hinreist. Wenn Karl Dir hierüber nicht schreibt, so erwähne nicht, daß ich es Dir geschrieben habe. Grüsse Agnes und Deine Kinder herzlich von mir. – Gott behüte Euch alle und behaltet lieb

Euere

alte Mutter

Lotte.

Soll ich Dir von den Zeitungen die aufheben worin über die Kunstausstellung berichtet ist?

a eingef.: Zinsen; b gestr.: darnach

Brief Metadaten

ID
36502
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
01.01.1873
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
6
Umfang Blätter
3
Format
14,1 x 22,3 cm; 13,6 x 20,1 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36502
Zitiervorlage
Haeckel, Charlotte an Haeckel, Agnes; Potsdam; 01.01.1873; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_36502