Berlin-Boxhagen, den 21.1.1908.
Sonntagstraße 9.
Hochverehrter Herr Professor !
Wohl weiß ich, wie kostbar jede Stunde Ihrer Zeit für die Welt ist, und deshalb möchte ich gewiß keinen Bruchteil einer Ihrer Stunden mit nichtigen oder kleinlichen Dingen in Anspruch nehmen. Wenn ich mir die Freiheit nehme, an Sie zu schreiben, ist es daher jedesmal in einer Sache, die mir für das Freidenkertum von einiger Wichtigkeit zu sein scheint. Ich bin überzeugt, daß auch Sie es nicht für ganz unwichtig halten, was unsere Gesinnungsgenossen d’outre Rhin von unserer Bewegung und von unseren Lehrern und Vorkämpfern denken; deshalb gestatte ich mir, Ihnen beifolgenden Zeitungsausschnitt zu übersenden, den der Sekretär des internationalen Freidenkerbundes mir mit der Bitte um Rücksendung zugehen ließ. Wahrscheinlich ist der Ausschnitt aus L’Action, angegeben hat der Übersender es nicht. – Natürlich will ich das Irrige und Unwahre der Notiz zurückweisen, doch möchte ich nichts || schreiben, ohne zuvor zu erfahren, ob Sie selbst vielleicht etwas dagegen zu sagen wünschen.
Ich schreibe nach Brüssel, daß die Notiz an Ihre werte Adresse übersandt worden ist, und daß man auf meine Entgegnung warten möge, bis ich von Ihnen Nachricht erhalte, da Sie vielleicht selbst den kecken Notizenschreiber oder vielmehr seine Leser eines besseren zu belehren für angebracht erachten werden.
Mit höchster Ehrerbietung begrüße ich Sie, teurer Meister, als Ihre bescheidene Schülerin
Ida Altmann.