Leopold Bauke an Ernst Haeckel, Berlin, 1. Oktober 1907
DR. BAUKE (TH. ZELL)
BERLIN W. 57
GOEBENSTR. 21
Berlin 1. October 07
Euer Exzellenz
hatten die große Liebenswürdigkeit gehabt, mir Ihre Photographie sowie die in Berlin gehaltenen Vorträge zu übersenden, wofür ich Ihnen nochmals danke.
Ich nehme an, daß Sie hierzu durch die im Kosmos-Verlag zu Stuttgart erschienenen Bücher: Ist das Tier unvernünftig?, Tierfabeln, Streifzüge durch die Tierwelt, Straußenpolitik u. s. w. || sowie durch meine zahlreichen naturwissenschaftlichen Aufsätze veranlaßt worden sind.
Kürzlich forderte mich Herr Dr. Ilgenstein, Redakteur des Blaubuchs, zu Beiträgen auf. Er teilte mir mit, daß er mit Euer Exzellenz Rücksprache genommen hätte, und Sie auf meine Wenigkeit als Mitarbeiter hingewiesen hätten.
Ich muß annehmen, daß hier ein Mißverständnis vorliegt. Denn bei aller Verehrung für Darwin habe ich ihm in einigen Punkten Opposition machen müssen. So habe ich ausführlich nachzuweisen versucht, daß bei keinem Tiere sowohl Augen als auch die Nase vorzüglich entwickelt seien, sondern daß die Schärfe des Sehvermögens auf Kosten der Nase geht und umgekehrt. Hiernach spreche ich von Augentieren (Menschenaffen, Vögeln u. s. w.) im Gegensatz zu Na-||sentieren (Hunden u. s. w.) Übrigens ist diese Unterscheidung von Herrn Professor Dr. Mach, der mir erst kürzlich ein Werk dedizierte, akzeptiert worden.
Es wäre für mich von großem Interesse zu erfahren, ob Herr Dr. Ilgenstein Euer Exzellenz richtig verstanden hat, und daß Sie an dieser Meinungsverschiedenheit keinen Anstoß genommen haben.
Euer Exzellenz
Ganz gehorsamster
Bauke (Th. Zell)
W. Goebenstr. 21.
H: EHA Jena, Sign.: A 7973. – 1 Dbl., 11,4 x 18,0 cm, egh. Br., 3 S. beschr., Besitzstempel, Namensstempel.