Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Berlin, 20. August 1868
Berlin d. 20sten
August 1868.
Liebe Agnes!
Nach meinem Wunsch solltest Du heute an Deinem Hochtzeitstag wenigstens einen schriftlichen Gruß von mir bekommen, aber es war mir nicht möglich, theils war ich sehr unwohl, wobei noch viel Arbeit und Unruh war. Meine Gedanken waren aber den ganzen Tag mit Dir und unserem lieben Ernst beschäftigt. Gott sei denn ferner || mit Euch!
Du kannst denken wie sehr ich Verlangen habe zu hören, wie es Euch seit unserer Abreise ergangen ist, wie es unserer kleinen Frau geht? ob Ernst noch mit Allmers abgereist ist? Nachdem ich nun mehrere Wochen mit Euch gelebt habe, ist es mir, als müsse ich öfter von Euch hören. –
Von uns will ich Dir zu nächst berichten, daß Vater sich wieder ganz wohl befindet; || gestern hatten wir ein starkes Gewitter mit Regen, bis dahin litt Vater viel von der Wärme, die allerdings hier auch noch drückender als in Jena war. Ausgegangen bin ich hier in Berlin noch gar nicht, aber ich habe doch mehrere Besuche gehabt: Clara Reimer kam gleich in den ersten Tagen, um sich nach Marichen und den Kindern zu erkundigen, und heute war auch Georg hier, der übermorgen zur Taufe nach Cüstrin geht, wie auch Julius das Brautpaar und Tante Bertha. || Heute hatte sich das Brautpaar bei uns zu Mittag angemeldet, und waren mit Tante Bertha hier, was Häckel viel Freude machte. Jetzt Abends 7 Uhr erwartte ich unseren Karl, der bis morgen Abend bleiben wird. Ich mußte mir also den Augenblick erringen, um doch wenigstens ein paar Wortte an Dich auf’s Pappier zu bringen.
Um 6 Uhr fuhr das Brautpaar von hier mit Jacobis zum Stettiner Bahnhof, um Mutter Minchen dort zu empfangen und nach dem Frankfurter zu bringen. ||
Tante Bertha, die Sonnabend zur Taufe nach Cüstrin war, ist von dort nach Landsberg gefahren, und wollte heute zurück kommen. Vater grüßt mit mir Dich, Deine liebe Mutter, und Schwestern auf’s herzlichste. Hoffentlich geht es allen wohl. Ist Max und Elschen wieder gut? –
Es freut mich, daß Bertha aufmerksam gegen Dich ist und kann nur wünschen, daß sie so bleibe, für ihren Gruß danke ich und erwiedere ihn. − ||
Gewiß hast Du, liebe Agnes auch von Ernst einen Brief, doch lege ich Dir seinen an mich bei, da ich denke es wird Dir lieb sein.
Gute Nacht, meine liebe Agnes wünscht Dir
Deine
Dich herzlich liebende
Mutter Lotte.