Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Berlin, 8. Juni 1868
Berlin d. 8ten
Juni 1868.
Liebes Töchterchen!
Heute früh erfreute mich Dein lieber Brief, wofür ich Dir ganz herzlich danke. Wie sehr freut es mich, daß es Dir doch besser geht, und ich hoffe es liegt eine schöne Zukunft vor Dir. Hoffentlich ist auch unser lieber Ernst gesund zurückgekommen, und Ihr erfreut Euch des häuslichen Glücks. Daß Dir Bertha so viel Aerger macht, thut mir sehr leid, und ich kann aus voller Ueber-||zeugung Dir nur beistehn: schicke sie lieber weg, denn das immerwährende ärgern und nergeln taugt Dir gar nichts. Nur bitte ich Dich, wenn Du sie weg schickst, sei nicht karg, ich will gerne Euch was zu legen wenn Ihr sie nur auf anständige Weise loos werdet. Ich habe zu sehr die Ueberzeugung, daß es auf die Dauer nicht geht; und Du a mußt jetzt || hauptsächlich darauf Rücksicht nehmen, was für Dich und das Kindchen am beßten ist. – Ich schreibe Dir heute gleich wieder, um Dir einen Vorschlag zu machen: wenn Du nicht gleich ein Mädchen nach Wunsch bekommen kannst, und es Dir und Ernst recht ist, so brächte ich Hulda mit, die dann Berthas Stelle ersetzen könnte; sie ist tüchtig und willig in der Arbeit, höchstens würden wir jemand zum Wassertragen || nehmen müssen; – denn das würde sie nicht können. Doch wie gesagt, überlege es Dir mit Ernst, ich habe hier nichts davon gesagt, will erst hören, was Ihr dazu meint. Findest Du ein Mädchen, die Dir sonst empfohlen ist, so könnte Hulda, wenn sie nicht kochen kann, ihr etwas beibringen. – Aber den Bedinten muß ich Vaters wegen doch mit bringen, und wie es scheint, haben wir es mit dem neuen gut getroffen. – ||
Sobald Ihr über diesen Vorschlag, einen Entschluß gefaßt habt, schreibt es mir, damit ich auch für hier meine Einrichtung darnach treffen kann. – –
Daß Dir das besorgen für die kleine Einrichtung Freude macht, kann ich mir denken, ein kleines Jäckchen habe ich fertig gestrickt, und bin am zweiten; kann ich Dir von hier noch was mitbringen, so schreibe mir, was ich Dir etwa hier besorgen soll; ich mag nicht aufs gerathe hin etwas || anschaffen. – Eben war Endemann hier, der sucht eine Wohnung. Gestern habe ich Deine Schwester Marie besucht und alle wohl gefunden. Ich freue mich, nun bald auch Deine liebe Mutter und Schwestern wiederzusehn, grüsse sie herzlich von mir. Nun Ihr, lieben Herzens Kinder, lebt beide wohl und behaltet lieb
Euere
Euch innig liebende
Mutter Lotte.
Vater ist spazieren.
a gestr.: darfst