Carl Gegenbaur an Carl Gottlob Haeckel, Jena, 17. November 1866

Jena, 17. Nov. | 1866

Hochgeehrter Herr!

Indem ich Ernst’s Wunsche gemäß die beiden hieher gelangten Briefe Ihnen wieder zurücksende, kann ich mir nicht versagen Ihnen über Ernst’s glücklich beendigtes Werk meine größte Freude zu äußern. Was damit der Wissenschaft geleistet ward, will ich hier nicht auseinandersetzen, nach den wenigen von mir bis jetzt beobachteten Symptomen steht das Beste zu erwarten, und selbst von Seiten wo weder Ernst noch ich es gehofft hatten, sind mir hocherfreuliche Urtheile zugekommen. Doch außer dieser allgemeinen Beziehung ist das Werk mir noch besonders unendlich theuer durch das heilige Freundschafts-Denkmal, welches Ernst in der Widmung des ersten Buchs mir errichtet hat. Ich habe diese Seiten nur mit der tiefsten Rührung lesen können; Jahre gemeinsamer Freude und gemeinsamen Schmerzes, Jahre des Strebens und Ringens, ein Stück tiefinnerster Lebensgeschichte, sind dabei vor mir vorübergezogen, eng verflochten || mit dem Bilde des theuren Freundes. Wenn ich nicht seit langem wüßte was ich an ihm besitze, so würde ich es jetzt empfinden da er ferne ist. Es wird ein recht schwerer Winter für mich werden, das habe ich bereits in den Wochen die ich hier weile empfunden, doppelt schwer da ich leidend hier ankam nachdem ich die zweite Hälfte Octobers in Würzburg krank darniedergelegen war. In diesem meinem Zustande liegt auch die Ursache weßhalb ich erst jetzt die Rücksendung der beiden Briefe ausführe: ich wollte sie mit einigen Zeilen begleiten, und diese früher zu schreiben war mir unmöglich. Doch geht es mir jetzt, hoffentlich dauernd, besser, so daß ich auch zu einem ausführlichen Briefe an Ernst meine Gedanken sammeln konnte.

Mein Töchterchen habe ich in erfreulicher Entwicklung getroffen, und erhielt auch vor kurzem wieder gute Nachricht. Die Kleine ist mir bei meinem unfreiwillig verlängerten Aufenthalte zu Würzburg sehr nahe getreten, und wie sie mir dort die einzigen frohen Stunden bot, so machte sie mir auch den Abschied unendlich schwer! Auch das will und muß getragen sein! ||

Hoffen wir nun daß Ernst’s Reise eine glückliche ist, und der nächste Brief von ihm gute Nachricht meldet. Darin verbinde ich meine Wünsche mit den Ihrigen, und bestehe, Ihnen wie Ihrer Frau Gemahlin mich bestens empfehlend, mit mir aller Hochschätzung

Ihr ergebener

Gegenbaur.

Nachschriftlich bemerke ich daß Ernst’s vorderes Eckzimmer an Endemann übergeben ist; er wird seinen Dank Ihnen selbst noch melden. Die sämmtlichen Meubles, mit Ausnahme der beiden großen Schränke welche nicht gut transportabel sind, habe ich in die anderen Zimmer gebracht, und letztere abgeschlossen.

Brief Metadaten

ID
42358
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Großherzogtum Baden
Datierung
17.11.1866
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
13,8 x 21,6 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 42358
Zitiervorlage
Gegenbaur, Carl an Haeckel, Carl Gottlob; Jena; 17.11.1866; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_42358