Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 16. Juni 1883

Potsdam 16/6 83.

Liebe Agnes!

Herzlich danke ich Dir für Deinen lieben gestern erhaltenen Brief. Du hast mira dadurch eine große Freude gemacht. Wie lieb ist es mir, daß Ihr gesund seid, und das herliche Sommerwetter, das wir bis jetzt gehabt, fröhlich genießt; und Euch des Baus Eueres Hauses erfreut. Gott gebe Euch seinen Seegen; daß Euer häusliches Glück ungetrübt bleibt; so viel als es in dem wechselvollem irdischen Sinn möglich ist. Ich kann denken, wie Du, liebe Agnes, jetzt in Gedanken mit der || Einrichtung des neuen Hauses beschäftigt bist, und es versteht sich, daß ich mein gegebenes Versprechen erfülle, und neue Gardinen anschaffe; aber leider kann ich es nicht selbst besorgen; muß also Andere bitten, es für mich zu kaufen, und da ist es mir wohl am liebsten, wenn Du, liege Agnes, es übernehmen wolltest, dann trifst Du doch am beßten Eueren Geschmack; nur bitte ich darauf zu sehn, daß es solied und zweckmässig ist, um das zu erreichen || gebe ich bei Anschaffung lieber etwas mehr. Kannst Du es in Jena haben, so ist es wohl am beßten: Du besorgst es dort; oder findest Du besser, es hier oder in Berlin zu kauffen, so kannst Du es ja damit verbinden; ich hoffe immer noch, daß Du mit den Kindern in der Zeit der Ferien mich besuchst.

Darbei fällt mir ein, Ihr dürft Euch nur nichts einreden laßen: es sei für meine Kräfte zu viel. Karl meint es herzlich gut, das verkenne || ich nicht; aber was mir gut ist oder schadet, kann ich selbst besser beurteilen, ich werde mich nicht über nehmen, und mir, wenn die Kräfte versagen, von meiner Schwiegertochter helfen lassen und von Lisbet. –

Eine große Freude wird es mir sein: meine lieben Jenenser noch mal bei mir zu haben; ich denke, wenn b Ernst auch durch seine Colegien verhindert ist die ganze Zeit hier zu sein mit Euch, so kann er doch vielleicht sich auf einige Tage frei machen. ||

Gestern Nachmittag war Bertha mit Mölders, die morgen Abend Berlin verlassen werden, bei mir zum Kaffe, und Abendbrod; Karl mit seinen Kindern war auch hier, und freute ich mich daß Anna auch mit war. Anna geht es leidlich; ich freue mich, daß zu der ihr bevorstehenden ernsten Zeit eine Schwester von Hahn, einec Frau, die mehrere Kinder hat, zur Pflege zu ihnen kommen wird. Leider bin ich ja zu alt und schwag, daß nichts ihr sein kann beim beßten Willen. Gott gebe, daß alles glücklich vorüber gehet. Für Karl bringt dieser Sommer wieder || mancherlei Aufregung und Unruh: erst der Act bei Anna. Dann wird am 18 July Herrmanns Hochtzeit sein, wozu Karl hin reisen wird nach Preussen, wo der Braut Vater Schullehrer ist. Hoffentlich wird auch Georgs Fuß bald wieder gut.

Nach Mölders Abreise wird Bertha sich gleich rüsten, um ihre Reise nach Münster am Stein anzutreten. Da werde ich sie nun viele Wochen nicht sehn. Das wird mir fehlen, und doch ist es ja gut für sie. – Nun bist Du auch wohl mein Gekritzel müde. Deine alte,

Dich herzlich liebende Mutter.

a korr. aus: mit; b gestr.: es; c korr. aus: die

Brief Metadaten

ID
36954
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
16.06.1883
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
6
Umfang Blätter
3
Format
14,2 x 21,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36954
Zitiervorlage
Haeckel, Charlotte an Haeckel, Agnes; Potsdam; 16.06.1883; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_36954