Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 23. September 1880

Potsdam 23/9 80

Liebe Agnes!

Dank für Deine Zeilen. Ich freue mich, daß Du nun wieder bei Deinen Kindern bist, die Du hoffentlich wohl gefunden hast. Gott gebe, daß auch unser lieber Ernst seine Reise glücklich beendigt. Ich habe von ihm nur auf zwei Karten eine kurze Anzeige erhalten wohin er gereist ist, er verweist mich darauf, daß Du mir dann schriftlichen Bericht schicken würdest, und Du weißt || wie mich alles erfreut was Dein Ernst treibt, daher bitte ich Dich: theile mir die Nachrichten von ihm mit, wenn Du es wünschst, schicke ich sie Dir gleich wieder; oder solla ich sie aufheben bis Ernst herkommt? Nun geschäftliches zuerst: das von Dir geschickte Schriftstück habe ich Karl zur Durchsicht gegeben, er grüßt Dich und läßt Dir sagen, er würde es aufheben. Darnach würdest Du wohl nächstens das Document der Hipothek zugeschickt erhalten; || die solltest Du nicht herschicken, nur sorgfältig aufheben; und Ernst bei seiner Zurückkunft einhändigen. Die zum ersten October fällige Zinsen habe ich in diesen Tagen (427 Mark 50 Pfennige) erhalten und vorläufig in die Creditbank gelegt, bis sich eine Gelegenheit zu einer sicheren Hipotek findet; wozu ich doch nur rathen kann.

Wenn das erst geordnet ist, so hat man weiter keine Schärerei, bekommt regelmässig die Zinsen. Bei dem Pappieren, die allerdings den Vorzug haben, daß man jeden Augenblick sie zu Gelde || machen kann, wo bei einer Hipothek Kündigung nöthig ist; aber es ist doch auch immer soviel zu beobachten bei den Pappieren, so ist jetzt von Eueren Pappieren die preussische Central-Pfandbriefe gekündigt; ich hatte bei Einziehung des letzten Talons zum October Coupons die zur Besorgung neuer Credit-Pfandbriefe Herrn Joachim mitgeschickt, der mir sagen ließ ich möchte die Documente ihm gleich zum Umtausch schicken, da sie vom 1sten October an nicht mehr verzinst würden; das kann ich nun nicht, da Ernst die || Documente alle hat; so wollte ich erst Dich bitten diese Pappiere an mich oder direkt an Herrn Joachim zu Berlin Schönebergerstr. N. 19 zu schicken. Nun ist es mir aber eingefallen, das Ihr doch wahrscheinlich bei Euerer Abreise von Jena den Documentenkasten zur Aufbewahrung Jemanden übergeben habt, und es daher Dir jetzt Weitläufigkeiten machen würde daraus || zu nehmen, so ist es wohl besser; es geschieht gleich nach Ernstens Rückkunft. Da kann man doch nur die Zinsen einiger Wochen erliehren; aber sorge nur dafür das Ernst es dann gleich an Herrn Joachim schickt; laßt es mich aber dann wissen weil ich die Talon auch dazu hinschicken muß, die mit dem Pappier abgegeben werden müssen. –

Hier ist alles wohl und ich hoffe, daß es bei Euch auch ist. Dir wird wohl jetzt die Kälter [!] hier sehr auffallen, da Du auf der Reise es || wärmer gehabt, so nimm Dich nur recht in Acht, daß Du nicht wieder Kartar bekommst. Ich denke viel Deiner und Deiner Geschwister, es ist ja so schwer, wenn das liebe Vaterhaus erlöscht. Nun die dankbare Liebe leb ja mit uns fort. – –

Seit Sonnabend ist meine Schwester Bertha bei mir gewesen und heute früh wieder abgereist. Wir waren Sonntag und Montag zu Mittag bei Karl dessen Geburtstag Montag war; Sonntag || kam Nachmittag Karls Schwager, Pastor Liskow mit seiner Frau da sie Montag verhindert waren, und blieben den Abend. Montag Abend kamen Pastor Richter mit der Frau, und von hier noch einige Freunde, so fand sich Abends eine Gesellschaft von 18 Personen zusammen. –

Anna hatte die Wirthschaft, die mußte sich rühren. –

Nun für heut Adio.

Grüsse Die Kinder und Deine Geschwister von mir, und sei Du noch besonders gegrüßt von

Deiner alten Mutter

Lotte.

a korr. aus: solle

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
23.09.1880
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36885
ID
36885