Potsdam 27/4 75.
Liebe Agnes!
Herzlich danke ich Dir für die heutige Sendung, wie sehr freue ich mich mit Dir, daß unser Ernst nun glücklich auf der Heimreise ist. Gott gebe, daß er gesund und munter bei Dir eintrifft und Dich mit den Kindern gesund und munter findet. Wie leid ist es mir, daß Dein kleines Volk Dir wieder Sorge macht durch Erkältung. Das Wetter ist freilich dafür nicht günstig, diese Kälte und Wind; heute scheint es besser zu werden, und da hoffe ich, daß es auch mit Deinen Kindern besser || wird. Daß Walter wieder solch bösen Husten hat ist mir sehr leid; und klein Emmachen wird auch wieder recht herunter kommen, das kleine Püpchen scheint doch sehr zahrt zu sein. – Und doppelt schwer wird Dir gewiß das Unwohlsein der Kinder durch die Abwesenheit Deines Mannes. Nun hoffentlich weiß ich Euch bald wieder vereint; da trägt sich doch alles viel besser. Sorge nur, liebe Agnes, daß Ernst sich bei seiner Rückkehr recht in Acht nimmt bei dem veränderten Klima. ||
Hoffentlich geht es auch bald besser mit den Kindern, daß es kein Querstich giebt durch meinen schon Jahrelang gehegten Wunsch, Euch, Lieben, zusammen bei mir zu sehn; Du bist noch nie in Potsdam bei mir gewesen, und ich bin schon 3 Jahr hier. – Bitte bringt mir dann das Hemde mit, wonach ich die neuen für Ernst machen kann.
Meine Enkel hier haben auch abwechselnt wohl etwas vom rauhen Wetter gelitten, jetzt sind sie alle wohl, und freuen sich auf Sonntag, wo || Clärchens Geburtstag ist. Dazu wird wohl ihr Onkel Müller und Bruder Liskow mit Familie herkommen, auch Tante Bertha, die ich schon Sonnabend erwartte. –
Den 28sten
Heute Nachmittag hatte ich einen großen Schreck durch einen Brief aus Florenz mit fremder Handschrift; wurde aber beim Oeffnen beruhigt, da er von Frau Hildebrand war; die arme Frau ist noch immer sehr betrübt. –
Nun, liebe Agnes für heute gute Nacht. Dir und den Kindern Gruß Deiner alten Mutter Lotte