Potsdam
d. 11ten August 72.
Liebe Agnes!
Herzlichen Dank für Deinen Brief und den gestern erhaltenen Reisebericht; den ich immer erwarttete und deshalb mit der Antwort zögerte; nun überraschte mich heute der Brief von Ernst; und wenn ich mich auch freue, daß er wieder daheim ist; so thut es mir doch leid, daß er nicht weiter hat wandern können seines Fußes wegen. Hoffentlich wird es aber jetzt unter der sorgsamen Pflege seiner Frau bald ganz besser; und Ihr bringt dann noch die Ferien zusammen bei mir zu, was für mich eine große Freude wäre. – ||
Für die Uebersendung des angekommenen Briefes danke ich Dir schön. Leider brachte er mir keine gute Nachricht, er war von Bertha, die wie ich Dir sagte mit Bleeks nach der Schweiz reiste. In Beckenried am Vierwaldstättersee hatten sie eine Partie nach Selischberg gemacht: Auguste, Bertha und Hedwig zu Wagen, die übrigen zu Fuß, da war Anna auf dem schlüpfrichen Weg gefallen und hatte sich die Hand verstaucht. Der dortige Arzt hatte gesagt: der innere Knochen der Hand sei gebrochen; und hatte einen Gips-||verband angelegt; das war am 2ten gewesen:;seit dem habe ich nichts näheres gehört. – Mir ist es sehr leid, daß ihnen auf diese Weise die Reise gestört ist. –
Bertha schreibt auch nach einem Brief aus Lippstadt seien Gertrud, Bertha und Adelheid am 31sten July nach Berlin und Heringsdorf gereist. –
Bei meiner Herreise, dachte ich freilich oft: wie unangenehm sie wäre mit Kindern zu machen; aber Du darfst Dich daher nicht abschrecken lassen; denn damals war eina ungewöhnlicher Andrang auf allen Stattionen von Reisenden, weil grade die Schulferien zu Ende || waren, und nun alles zurück strömte. Auch erfuhr ich hier von Karl daß die Reise von Apolda über Magdeburg hier hin nicht so unbequem sei als umgekehrt. Also entschließt Euch nur und kommt her; bei meinem hohen Alter darf man nichts auf später verschieben. –
Daß Deine Schwestern es bei Deinem Bruder so gut gefunden haben, freut mich, grüsse sie wie auch Deine liebe Mutter vielmals.
Dir und den beiden Herzens Kindern einen Kuß von
Deiner
alten Mutter Lotte.
a gestr.: es; eingef.: ein