Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Berlin, 16. April 1871

Berlin 16/4 71.

Liebe Agnes!

Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief, der mir noch mehr Freude würde gemacht haben, wenn er mir hätte die gewünschte Nachricht bringen können, daß es Dir besser ginge, daß die Schmerzen Dich verlassen hätten, und Du Dich kräftiger fühlst. Hoffentlich kannst Du mir bald besseres von Dir und dem kleinen Mädel berichten. Ach wie sehnlich wünsche ich für Dich und meinen Ernst, daß er bei || seiner Heimkehr in seinem Hause wieder alles gesund und frisch findet; mir ist es so sehr schmerzlich, daß ich ihn hier so betrübt über Dein Kranksein fand. Gott gebe Dir bald Genesung, und kräftige Dich. Aus Deinem Brief sehe ich auch mit Theilnahme, daß Deine liebe Mutter wieder leident ist, hoffentlich geht es ihr bald besser. –Grüsse sie und die Clara herzlich von mir. –

Nun zur Beantwortung Deiner geschäftlichen || Anfrage: ich bin deshalb Freitag bei Herrn Joachim gewesen; der das bewußte Pappier gar nicht kannte, er wolle sich aber genau darnach erkundigen; er meinte aber hier würde man es schwerlich a verkaufen können.

Sobald ich von ihm Auskunft erhalte werde ich es Dir schreiben. – Daß Du selbst die Einlösung der Coupons besorgen willst, finde ich ganz natürlich, und werde sie Dir oder Ernst übergeben, wer von Euch zuerst bei || uns sein wird, denn wenn ich sie Dir per Post schicken soll, so kostet es viel Porto, da es doch als Werthpappier decklarirt werden muß. Bis dahin kannst Du auch mit Ernst es besprechen, wie er es zu halten wünscht; und ob er jetzt auch die Besorgung seiner Coupons übernehmen will; ich habe es für ihn besorgt, weil er seine Gründe hatte, weshalb er es nicht in Jena wollte. ||

Vorgestern Abend erhielt ich ein paar Zeilen von unserem Ernst aus Ragusa, worin er mir anzeigt, daß sie die Insel verlassen haben, und noch ein paar Tage an der dalmasichen [!] Küste fischen würden, das nähere wird uns sein Tagebericht sagen, den Du uns schicken würdest. – Ich schreibe Dir dies nur, wenn etwa die Post zu Euch nicht so schnell wie nach Berlin käme, so erfährst Du doch, daß es ihm gut geht. – ||

In der letzten Zeit habe ich öfter Besuch von den Potsdammern gehabt, da die Kinder Ferien hatten waren welche abwechselnd hier: einige Tage Anna, dann Karl, dann Heinnrich, der bis gestern hier war, Herrmann war ein paar Tage bei Jacobis, gestern war Clara mit einigen Kindern zum Zahnarzt; und da kamen sie bei uns zu Mittag; meine Schwester Bertha war auch hier; so waren wir zusammen 9 Personen: || Clara, Herrmann, Heinnrich, Marie und Ernst fuhren um 5 Uhr wieder ab, da Clara sehr nach dem kleinen Max verlangte, Karl übernachtete noch bei uns, und ist heute Mittag nach Freienwalde gereist. –

Als ich ihm sagte, daß ich Dir heute Abend schreiben würde bat er, ich möchte Dich herzlich von ihm grüssen. – Alle wollten das Bildchen von Walterchen sehn und freuten sich sehr; Vater hat hatte große || Freude, sie alle hier zu sehn, und unterhielt sich sehr eingehend mit dem kleinen Karl über geschichtliche Gegenstände. –

Ach, wenn wir Dich mit den Kindern nur auch bald mal bei uns hätten. Gestern Nachmittag kam auch Theodor Bleek um Clara zu sehn; leider sind sie in großer Sorge um ihr jüngstes Kind, das am Zahnen sehr erkrankt ist. –

Hoffentlich höre ich bald Gutes von Dir und den Kindern. Deine

Dich herzlich liebende

Mutter.

a gestr.: gut

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
16.04.1871
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36404
ID
36404