Berlin 13/9 70.
Liebe Agnes!
Herzlich danke ich Dir für Deinen lieben Brief, den ich heute früh mit Ernstens Reisebericht erhielt. Daß Du mit Deinem lieben Walter wohl bist, freut mich sehr. Gott behüte Euch ferner. Daß unser Ernst die größere Reise aufgegeben hat, freut mich sehr, mir war es in dieser Zeit gar nicht recht. Ich hatte vor einigen Tagen von Ernst ein paar Zeilen, worin er mira schrieb, und auch, daß er Karlen besuchen würde, und || daß Karl ihm gleich nach Ilmenau schreiben solle, wenn er für dort Aufträge habe. Ich mußte deshalb Ernsts Brief augenblicklich nach Potsdam schicken. Uebrigens haben wir in der letzten Zeit sehr beruhigende Nachricht gehabt, sehr liebe Briefe von Karl, unterandern ist es rührend wie tief empfunden und erfreut er über die Ankunft des kleinen Bruders schreibt. Auch der Arzt hat einen sehr günstigen Bericht gegeben. – ||
Daß Ernst hin ist, ihn sieht und mit dem Arzte sprechen kann, ist mir sehr lieb. –
In Potsdam geht es sehr gut, Karl war Sonntag einen Augenblick hier, uns zu bitten, künftigen Sonntag zur Tauffe hinzukommen, Häckel und Ernst stehen Gevatter. Wie schön wäre es wenn Ernst dann schon hier wäre! – –
Ach, liebe Agnes, ich schelte mich oft als undankbar, daß ich mich der Freude, daß es Clara so gut geht, nicht so ganz hingebe, || aber das Gemüth ist zu voll des allgemeinen Elends, von dem man täglich liest und hört. Gestern konnte ich den ganzen Tag nur an das große Unglück in Laon denken. Es ist doch zu schrecklich. Und heute habe ich gehört, daß auch ein Sohn von Quinke bei Sodoya geblieben ist; die armen Eltern. –
Grüsse Deine liebe Mutter und Clara herzlich von mir. Dir und Walterchen in Gedanken einen herzlichen Kuß von Deiner
alten Mutter Lotte
a gestr.: das; eingef.: mir