Helene Freifrau von Heldburg an Agnes Haeckel, Altenstein, 29. Juli 1895
Schloss Altenstein 29 Juli 1895.
Sehr verehrte Frau!
Wie gut war es von Ihnen, uns gleich die erbetene Benachrichtigung über ihres Gatten Zustand zu geben, trotzdem der unglückliche Unfall Sie gewiß in mehr als einer Weise in Mitleidenschaft versetzt hat! Seien Sie von Herzen || bedankt für Ihren gütigen Brief! – Es ist uns ganz schrecklich zu denken, wieviel unser hochverehrter Freund gelitten hat und noch wirda leiden müssen – und noch dazu in dieser schönen Sommerszeit, die er so nothwendig zur Erholung von anstrengendster Geistesarbeit brauchte! Wie gern möchte man da tragen helfen, und wie niederschlagend ist die Einsicht, daß noch so warmes Theilnehmen nur fruchtlose Wünsche zuwege bringt. Ach ja, viel, viel Geduld werden beide Ehehälften Haeckel in den nächsten Monden noch brauchen – wie groß Ihr Theil daranb, verehrte Frau, aber auch sei, das Glück, das im Handeln, im Helfen liegt, wird Sie || leicht darüber hinweg tragen. Möchte unseren innigen Wünsche doch wenigstens eine ähnliche Kraft innewohnen wie die ist, welche der Gläubige im Gebet findet! Gleichzeitig senden wir einen Blumengruß als Vermittler derselben, obgleich ich fürchte, die Blumen werden auch Ihrer Pflege bedürfen || um die Köpfe bei der Hitze wieder zu erheben. Noch möchte ich der Hoffnung Ausdruck geben, daß uns quand-même ein Wiedersehen und Kennenlernen in diesem Jahre noch beschieden sein werde, da der Herzog den Besuch Saalfeldʼs erst im September auszuführen gedenkt, und wir bis dahin hoffen dürfen, der Villa Haeckel || wenn auch in bescheidener Kürze „Guten Tag“ sagen zu dürfen. Indessen bin ich, sehr verehrte Frau, Ihre Ihnen
herzlich ergebene
Heldburg.
a eingef.: wird; b eingef.: daran