Leopold Besser an Ernst Haeckel, Poppelsdorf, 5. Juli 1893
Poppelsdorf Bonn
Villa Victoria
5/VII 93.
Geehrter Herr
Professor!
Ich denke, Sie schließen sich vollkommen am Gedanken-Gange in der Wilhelm Förster’schen Rede vom 18/X 92 an v. pg. 6 Z. 3. v. u. „So bietet uns die Menschengeschichte.“ – bis pg. 13 „Jena geistige Solidarität z.“
Warum zieht nun Förster nicht mit Feuer-Zeichen das Facit: „An Allem ist schließlich nur der Menschen-Wahn a ihrer Doppelnatur schuld.“?
Anatole Leroy sagt in der Revue des deux mondes: „Oder glaubt man etwa mit unsern Büchern und Zeit-||schriften, mit unsern Professoren-Lehrstühlen und Academien dem revolutionären Socialismus lange die Wege verlegen zu können?“
Der Franzose ahnt den Grund der Noth nicht und empfiehlt Rom als Heilmittel.
Der Hauptträger des Dualismus ist der Jesuitismus, dennb der 100gliedrige Protestantismus mit der langen Pantera-Leiter von Beyschlag u. Harnack bis zu Stöcker u. Consorten ist kein ernster Gegner.
Gerade für uns Deutsche kann’s nur die eine Loesung geben: „Auf gegen Rom!“
Der Jesuit schlüpft [Blätter v. Maria Laach] hinter die uns unbek. Genese des Bioplasma u. etablirt da hartnäckig den Gott-Schöpfer. ||
Lassen wir ihm das Vergnügen. Zeigen wir ihm doch immer wieder, daß Laut und Wort reflectorische Organ-Thätigkeiten sind und daß nur u. allein der menschliche Organismus es immer wieder ist, der diec Worte d [„Begriff“e ist nur eine Bezeichnungf summarischer Vorgänge] bildet.
Die Regierung, ihrer Schwäche sich bewußt, erklärt, es ist Sache der Wissenschaft, den Jesuitismus zu bekämpfen, nicht aber die ihrige.
Laßen wir uns das nicht 2mal sagen. Die Rathlosigkeit der Führer im Schlachtfeld der deutschen Zerrissenheit kann den Sieg || so leicht an unsere Fahne fesseln, wenn wir nur einig u. muthig sind.
Kommen Sie nach Eisenach!
Der Ihrige
Dr. Besser.
a eingef.: an; b eingef.: denn; c eingef.: die; d gestr.: und ‒; e korr. aus: „Begriffe“; f eingef.: Bezeichnung