Margarete Bothe an Ernst Haeckel, Budapest, Ende März/Anfang April 1916
Mein lieber, guter Freund!
1 Brief und 2 Karten habe ich gesandt und keine Antwort.
Ich bin in so großer Sorge, daß Sie liebster Freund nicht ganz wohl sind?
Ich will es zwar von ganzem Herzen Hoffen.
Mir geht es gut, da ich anderen helfen kann. O, so viel Leid und Weh. Mein Krankenhaus Xxxxxxx Kurhaus geht nun nach Süd-Tirol, wo ich || nicht mitgehen werde, da ich Nachrichten von meinem Mann habe, die mir nicht entsprechen, ich darf wegen Censur nichts sagen, alle Briefe gehen sonst zurück.
Ich habe einen Antrag bekommen mit nach Serbien zu gehen, Papiere sind schon in Ordnung, nun schreibt mir gestern Herr Bankdirektor Tischler aus Prag mit Gemahlin ich sollte doch nun endlich wieder kommen. Nun weiß ich nicht was ich tun soll, nebenbei geht der Kommandant Deutsch u. die Leiterin des alten Krankenhauses nicht mit nach Tirol, sondern in ein neues Krankenhaus hier. Beide haben mich sehr gebeten mit Ihnen mit zu gehen 700 Kranke sind dort.||
Das einzige was wahrscheinlich ausschlaggebend sein wird, ist xxxx. Und zwar deshalb, weil mich alle Fasern meines Herzens nach Jena zu Ihnen ziehen. Ich will Sie sehen, und wäre es einen Tag. Auch sind Tischlers so liebe, gute Menschen. Nun hat Pflicht u. Liebe einen Streit, wer wird siegen?
Hier ist es nun schön geworden, Frühling. Die Bäume sind in neuem grün und jede freie Stunde bin ich [im] Freien. Wie ist es dort?
Mein Bruder ist nun auch wieder ins Feld gezogen, der damals dort war. Schöne Stunden verbringe ich in der Familien Baracs Eisenbahndirektor. || Durch Ihre Güte habe ich dort so nette liebe Menschen gefunden. 2 reizende Töchter, sie sind beide so verliebt in Ihren kl. Enkelbuben u. haben mich so sehr gebeten, ich soll Sie bitten um ein Bild von dem kl. Kerl, der wird es einmal schwer haben, mit den Frauen wenn er jetzt schon so viel Liebe erweckt. Erfüllen Sie diese Bitte, sie verdienen es wirklich. Auch der Hofrat u. seine Frau sind sehr nett. Haben Sie seine Karte erhalten, die er Ihnen zum Geburtstag sandte?
Nun schreiben Sie mir bald, icha warte mit großer Sehnsucht auf Ihre mir so liebe Antwort. Die Familie Boskai sind auch so nette, gute Menschen und kann ich von Glück sagen, als Flüchtling so gut versorgt zu sein.
Nun grüße ich Sie innig und herzlich und küsse Sie im Geiste viele, viele male und bleibe mit verehrender Liebe
Ihre dankbare Marg. Bothe Budapest
Raday utca 26 III Tür 10.
a irrtüml.: in