Ernst Haeckel an Wilhelm Peters, Jena, 6. März 1880
Jena 6 März 80
Verehrtester Freund!
Für Ihre freundliche Mittheilung und die Caecilien-Abhandlung danke ich Ihnen bestens. Ihre Beleuchtung von Wiedersheim über welche ich unserer Gesellschaft referirt habe, hat mich ungemein amüsirt. Sie ist eben so treffend, als die Erwiderung von W. schwach und nichtssagend. Die schwersten Ihrer Vorwürfe muß er natürlich ignoriren. Das Pamphlet hat mit unserer Jenaischen Zeitschrift und Sitzungs-Bericht || Nichts zu thun. Ich habe den Redacteur, Prof. Schwalbe, gefragt. – Übrigens ist es ja leider jetzt Mode geworden, seine „wissenschaftl.“ zoologische Qualification in erster Linie durch Anfertigen von Querschnitten mit dem Microtom, und Schönfärben derselben mit Eosin, Methyl-Grün, Bismarck-Braun etc. zu documentiren. Dabei wette ich, daß die Mehrzahl dieser Querschneider und Schönfärber ihr ganzes Object weder genau kennen noch beschreiben können! || Ich bin entsetzlich reactionär geworden und betrachte eine einfache ältere systematische Arbeit als viel verdienstlichere Leistung, im Vergleich zu diesen „höheren“ modernen Arbeiten. An meinem „System der Medusen“ werden Sie gesehen haben, daß ich ernstlich bemüht bin, ganze Arbeit zu liefern und kein modernes „Schnittwerk“. Ich habe sehr bedauert, daß ich Ihnen wegen Mangels an Exemplaren das Buch nicht schicken konnte. || Da ich für Berlin nur ein Exemplar übrig hatte, glaubte ich es Martens, dem ich es schon früher versprochen, als dem Nächst-Interessirten schicken zu müssen. Die II. Hälfte erscheint nach Pfingsten. In der Vorrede werde ich selbstverständlich für Ihre gütige und liberale Mittheilung der Medusen des Berliner Museums meinen Dank abstatten.
Mit freundlichen Grüßen an Sie und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin, wie auch an Martens und Hilgendorff.
Ihr ergebenster
Ernst Haeckel