Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Bartholomäus von Carneri, Rom, 17. Oktober 1899

Roma 17.10.1899.

Lieber u. hochverehrter Freund!

Für Ihre freundschaftliche Theilnahme an meinem Unfall danke ich Ihnen herzlich! Derselbe war nicht so schlimm, als es anfangs schien. Auf dem schwierigen Ritt durch einen felsigen Engpaß im Sabiner-Gebirge stürzte mein Maulthier, wobei ich eine starke Contusion am Kniegelenk erhielt. Ich konnte einige Tage nicht gehen und mußte in Rom das Deutsche Hospital aufsuchen. ||

Dasselbe liegt sehr schön auf dem Tarpeischen Felsen; ich habe ein gutes Zimmer mit Aussicht auf Palatin und Aventin, u. genieße die beste Pflege von zwei barmherzigen Schwestern. Nachdem ich mich 8 Tage ganz ruhig gehalten, ist das Bein wieder so weit hergestellt, daß ich leidlich gehen kann; ich werde am 20. die Rückreise nach Jena antreten, wo ich am 25. eintreffen werde. Vom 22.–24. bleibe ich in || München, wo Prof. von Lenbach mein Porträt (für seine Gallerie von Zeitgenossen) zu malen wünscht. – Meine 9wöchentliche Reise war im Übrigen vom Glück begünstigt, das Herbstwetter sonst ununterbrochen schön. – Meine „Welträthsel“ scheinen stark zu wirken. Gestern schrieb mir der Verleger, daß die erste Auflage (3000 Exemplare) innerhalb eines Monats vergriffen sei und daß eine zweite (unveränderte, von 2000 Exemplaren) folge. ||

Ich hoffe, daß Sie mit dem größeren Theile des Buches – wenn auch nicht mit Allem – einverstanden sein werden. – Mit großem Bedauern erfahre ich aus Ihrem lieben Briefe, daß Ihr Befinden Viel zu wünschen übrig läßt. Könnte ich Ihnen doch helfen!! – Bei mir zuhause sieht es auch nicht erfreulich aus; meine arme Frau hat Viel zu leiden. – Ich darf Sie wohl bitten diese Zeilen nebst Einlage an unsere Freundin Eugenie delle Grazie zu senden. Mit herzlichsten Grüßen und besten Wünschen Ihr treuer

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Dating
17.10.1899
Place of origin
Rom
Country of origin
Possessing institution
Wienbibliothek im Rathaus Wien, Slg. Wilhelm Börner
Signature
H.I.N. 100314
ID
41762