Ernst Haeckel an Georg Reimer, Jena, 14. September 1866
Jena 14 September 66
Lieber Georg!
Das schreckliche Unglück meines armen Bruders, welches gewiß auch Eure lebhafte Theilnahme erregt hat, machte mich in den letzten acht Tagen zu aller Arbeit unfähig, zumal, wie Du denken kannst, mein eignes Schicksal mit seinem tiefen Schmerze wieder ganz lebendig in mir wurde. Erst gestern habe ich wieder Fassung und Kraft gewonnen, die Arbeit fortzusetzen und schicke Dir heute nun den letzten Rest des in Berlin zu druckenden Manuscripts: nämlich das Inhalts-Verzeichniß für beide Bände, und für den ersten Band die unmittelbar auf die Dedication folgende Zuschrift an Gegenbaur, dann das Vorwort. Sollten hier noch etwa 8–10 Seiten Papier vom Bogen zufällig frei bleiben, so würde ich || diese sehr gern mit einer, dem ersten Buche voranzustellenden systematischen Übersicht der Organismen füllen, die aber andernfalls auch an das Ende des zweiten Bandes kommen kann. Von dem zweiten Bande sind nunmehr 32 Bogen gedruckt, und soweit inclusive des Registers nur noch etwa 4 Bogen übrig. Diese hoffe ich in 10 bis spätestens 14 Tagen gedruckt zu sehen, bis wohin auch die 8 Stammbaum-Tafeln fertig werden. So werde ich dann wohl erst in den letzten Tagen des Monats zur Reise kommen.
Das Honorar bitte ich Dich, meiner Mutter im October, nach ihrer Rückkehr von Landsberg, einzuhändigen. Zur Hinreise nach Messina habe ich augenblicklich noch Geld genug, und dort beziehe ich Wechsel durch Herrn Kauffmann in Berlin. ||
Die Adressen der Frei-Exemplare, deren Verschickung Du zu besorgen die Güte haben willst, werde ich Dir nächstens schicken. Könntest Du mir vielleicht die Cartons dieser Exemplare vor dem Binden herschicken, damit ich eine persönliche Dedication auf dieselben schreibe?
Die lithographischen Steine hier können wohl erhalten bleiben, da ich die genealogischen Tafeln auch für ein Handbuch der Zoologie verwerthen möchte, welches ich nach meiner Rückkehr zu schreiben gedenke.
Mein Vater wird in den nächsten Tagen nach Landsberg reisen. Er ist sehr betrübt, wie wir Alle, hat sich aber doch jetzt wieder sehr gefaßt. Hoffentlich geht es Dir und den Deinigen Allen wohl.
Herzlichen Gruß
Dein
Ernst Haeckel.
Die Einlage bitte ich Dich in den Briefkasten werfen zu lassen.