Konrad Deubler an Ernst Haeckel, Goisern, 30. Januar 1875
Dorf Goisern den 30. Jänner 1875.
Lieber guter Herr Professor!
Da Sie schon im Monath Februar Ihre Reise nach dem schönen Italien anzutretten gedenken, so ist es meine heiligste Pflicht, Ihnen meinen herzlichsten Dank für das Marschenbuch von Ihrem Freund Allmers zu schreiben. Dieses ist prachtvoll geschrieben, besonders die Schilderung „die Pflanzenwelt der Marschen.“ und „das Moor“ hat mich sehr Interessiert. Besonders danke ich Ihnen auch für die Broschiere „Philosophie und Naturwissenschaft“ von K.G.Reuschle. Ich bin jetzt mit David Strauß ganz ausgesöhnt – ich habe mir auch seine Lebensgeschichte von Eduard Zeller angeschafft. Reuschle hat auch vor kurzen einen gediegenen Artikel in der Beylage der Allgemeinen Augsburger Zeitung geschrieben, worinnenn er auch Ihrer aufs Ehrenvolste gedenkt.
Wenn es sich nur einmahl jemand die || Mühe nehmen könte, um den Münchner Philosophen Huber tüchtig den Text zu lesen. Auch dem Alten J.Scherr der schon an Marassmus zu leiden scheint würden ein paar Püffe nicht schaden!
Wenn der bekante Satz: „das ein dankbarer Mensch fast imer auch ein guter Mensch ist“, so wäre ich gewiß keiner von den schlechtesten. Ich kann nur Ihnen gegenüber meine Dankbarkeit nicht mit Thaten beweissen, was freilich nicht meine Schuld allein ist. Sie müssen mich, oder vielmehr unsere schönen Berge öfters besuchen, oder Ihre Freunde die unser Salzkammergut bereisen, an mich adressieren, ich werde gewiß alles was in meinen Kräften steht, Ihnen leisten. Das Stübchen was vorigen Sommer Professor Simony samt seiner Vamilie bewohnte, soll in zukunft stehts für Sie zur Aufnahme bereit sein. Denn meinen, für mich leider zu früh verstorbener Freund und Lehrer L.Feuerbach, können nur Sie mir || ersetzen! Meine Freundschaftliche, Junge Liebe an diesen grossen, wahren und ächten Menschen wird nur mit mir selbst aufhören! Wie ich Sie, und Ihre liebe, von der Natur mit ungewöhnlicher Schönheit ausgestateter Frau zuma ersten mahle gesehen habe, war ich ganz verwirt. Schmeicheleien (das mus ich Ihnen offen sagen) ist gewiß keine starke Seite von mir, Aber der Eindruck den Ihre Persönlichkeiten auf mich einfachen Landmann machte, ist mir unvergeslich!
Mein einziger sehnlichster Wunsch ist nur, Sie so oft bey uns als es Ihnen möglich ist, zu sehen. Ihre Geistes Kinder machen jezt ihre Runde um die ganze Welt.
In der Illustrierten Leipziger Zeitung ist ein Auszug von Ihrer Anthropogenie mit samt Abildungen zu lesen. ||
Die Kulturgeschichte von Hellwald enthält meistens Auszüge aus Ihrer Entwicklungsgeschichte unseres Planeten. Dieser Hellwald scheint mir ganz ein Gesinungsgenosse von Ihnen zu sein.
Ich lege Ihnen hier eine Ansicht von den vorigen Sommer neugebaute Alpenhaus auf der Zwiselalm in der Gosau bey, es ist für Turisten zum übernachten bestimt. Es enthält 6 Zimer mit mehreren sehr guten Betten und sonstigen Comfort, sobalt Sie nächstens komen bleiben wir dort über Nacht.
Leben Sie wohl und behalten Sie mich lieb, grüssen Sie Ihre liebe Frau von mir u. meinem Weibe.
Ihr dankbarer treuer Freund
Konrad Deubler
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