Ernst Haeckel an Anna Sethe, Berlin, 5. September 1858
Berlin Sonntag 5/9 58.
früh 10 Uhr. So eben läuft der sehnlich erwartete Brief von Karl ein, worin er uns meldet, daß er heute (Sonntag) Abend von Bonn hier ankommen und morgen noch mit Quinke sprechen wird. Wir werden also Dienstag 7/9 früh von hier abfahren, um 2 Uhr mit dem Neptun von Stettin abfahren, und zwischen 5 und 6 Uhr werde ich in Swinemünde in die Arme meiner Anna stürzen! Schatzchen, hüpft Dir nicht das Herz vor Freude? Noch 55½ Stunden! Bestes Herz, ich weiß mich vor Freude, Sehnsucht, Ungeduld, Unruhe etc nicht mehr zu fassen! O Du allerliebster Schatz, was werden wir glücklich sein! Die Feder will nicht mehr fort! Der Geist der ungeduldigen Liebesfreude hat auch sie ganz ergriffen. Darum Alles Andere mündlich! 55½ Stunden! Wie lange noch! Nein wie kurz! Die Alten grüßen Euch alle herzlich. Sie freuen sich alle auch sehr auf Heringsdorf obgleich nicht 1/1000 000 so viel als ich. ||
Ich freue mich ungeheuer, wenn Du uns mit einem Wagen in Swinemünde erwartest! Finden wir keinen, so nehmen die Eltern einen. Ich komme dann zu Fuß. Denn welche Wagen sollen so rasch als meine geflügelten Schritte sein! Also auf Wiedersehn, süßestes Herz! A reveder ci; dolcissimo cuore!! Schatzchen, ich sprudele so über von Freude und Hoffnung, daß ich die 2 Tage über wohl nichts als dummes Zeug machen werde.
Noch 1000 Grüße und Küsse
Dein glücklicher
Erni.