Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 13. – 16. Dezember 1873
Potsdam 13/12 73.
Lieber Ernst!
Vorgestern war ich in Berlin Bertha zu sehen, deren Gesundheit mir rechte Sorge macht; ich fand sie auch nur leidlich. –
Ich habe in Berlin dann noch einiges besorgt, für Dich Thee und bei Herrn Joachim holte ich die Actien der Westphalia ab, diese Sache ist nun in Ordnung, ich habe Deine zu den Pappieren, die ich von Dir noch hier habe gelegt; also habe ich für Dich noch in meiner Chatulle 10 Actien der Westphalia, 6 der Berlin Potsdam Magdeburger Eisenbahn, 6 Prioritäts Obligationen der Kaschau- und Oderberger und 1 Amerikaner. Die zum Jannuar fälligen Coupons habe ich auch an Herrn Joachim gebracht, || nach oberflächlicher Berechnung werde ich Dir dann etwa a wohl noch 100 Thaler zu zahlen haben, soll ich es Dir dann schicken? oder anlegen? Ihr klagt, daß bei dem marmornen Waschtischchen so viel Geschir zerbreche, nun fand ich poliertes eisernes, und schicke das mit ob es Euch gefällt, auch noch eine eiserne Schüssel für Agnes, die sie entweder als Waschnapf oder in der Küche brauchen kann. –
Da meine Lisbeth sich über das rothe Täschchen gefreut hat, habe ich ihr ein rothes Jäckchen gestrickt. || Sollte es für Lisbeth zu klein sein, kann Agnes es für ihr zweites Töchterchen nehmen, und ich stricke dann ein größeres für Lisie! –
Ich habe versucht ganz dünne Lichter zu brennen, ob sie nicht so lauffen wie die dicken, und da ich sie sehr zu empfehlen weiß, werde ich ein paar Packete mit einpacken; man muß nur viel Pappier in der Oeffnung des Leuchters stecken, weil sie sonst wackeln. –
Den 16ten Mein lieber Ernst! Durch Karl hast Du mir ein Stückchen Taufkuchen geschickt, wofür ich herzlich danke. Wohl wäre mir es lieb gewesen zu wissen wann Ihr das kleine Mädchen getauft habt, daß ich in Gedanken mit Euch da || gewesen wäre. Nun das hat nicht sein sollen. Gott gebe aber Gedeihen dem kleinen Mädel und erhalte Euch das liebe Kleeblatt; möge er Euch Kraft geben, die Kinder zu braven Menschen zu erziehen, die ihr Lebenlang Gott vor Augen und im Herzen haben. –
Das kleine Volk freut sich wohl schon zu Weihnachten, und ich denke mir Ihr putztb Ihnen einen hübschen Baum an. Eben habe ich eine Kiste mit der bescheidnen Gabe zur Post ge-||schickt, es wird nun freilich früh ankommen, Ihr könnt es ja halten wie Ihr wollt, vorher auspacken oder erst Heiligabend, es ist nichts drin, das verderben kann, nur müßt Ihr behutsam auspacken, da es bunt durcheinander gepackt ist, wie es grade gehn wollte, wo kleine Lücken waren habe ich Kastanien hingethan, die müßt Ihr also zusammen suchen. Vor allem nimm vorsichtig die Teller für Agnes heraus. Hoffentlich kommt alles gut an, und macht Euch eine kleine Freude. ||
Noch muß ich Dich darauf aufmerksam machen, daß ich in den Schiebedeckel 3 Nägel geschlagen habe, damit sie auf der Post keine Umstände zur Annahme machen, die mußt Du aber heraus ziehen, damit die Kiste nicht entzwei geht.
Karls Fuß ist noch immer nicht ganz gut, doch ist der Docter zufrieden; Clara geht es doch besser; das Kindervolk hier ist gesund, und voll Weih-||nachtsgedanken. Zum Feste kann Bertha nicht herkommen, was mir recht leid ist, und doch kann ich nicht zureden. Ich denke, wenn das Wetter irgend leidlich ist vor dem Feste noch mal nach Berlin zu fahren. Künftigen Sonntag werden die Kitzer bei mir zu Mittag sein; ich denke mitc Karpfen zu bewirthen, wie schade, daß meine Jenenser nicht mit essen können. – Sonntag den 28sten denken wir alle nach Berlin zu fahren, und den Tag bei Bertha zuzubringen. Anna kommt künftigen Sonnabend. – ||
Grüsse Agnes und die Kinder herzlich. Gott sei mit Euch alle; und behalte lieb
Deine
alte Mutter
Lotte.
a gestr.: ungefä; b gestr.: baut; eingef.: putzt; c gestr.: auf; eingef.: mit