Ernst Haeckel an Rudolf Straubel, Jena, 8. Februar 1917

Jena 8. Februar 1917.

Hochgeehrter Herr Kollege!

Wie mir Herr Staatsminister Dr. Rothe Exzellenz heute mitteilte, sind auf der Carl-Zeiss-Stiftung für Zwecke des von mir gegründeten, meinen Namen tragenden Phyletischen Archivs 20.000 Mk (Zwanzigtausend Mark) verwilligt worden. Nachdem ich selbst früher für dieselben Zwecke aus meinen Honorar-Erträgen 36.000 Mk, der Deutsche Monistenbund (Ostwald, 1914) 30.000 Mk und kürzlich mein früherer Schüler Geheimrat Carl Duisberg 10.000 Mk gestiftet haben, ist somit das feste Kapital der akademischen (vom Universitäts-Rentamte verwalteten) „Ernst-Haeckel-Stiftung“ nahezu auf die erwünschte Höhe von 100.000 Mark gestiegen. ||

Da Sie, hochverehrter Herr Kollege, als jetziger verdienstvoller Leiter der Carl-Zeiss-Stiftung und würdiger Nachfolger unsers unvergeßlichen Freundes Ernst Abbe, an dieser neuen, für mich höchst wertvollen Subvention bestimmenden Anteil haben, ist es für mich eine angenehme Pflicht, Ihnen dafür meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Als bescheidenes Zeichen desselben erlaube ich mir, Ihnen beifolgend meine Schrift über „Gott-Natur“ zu überreichen, in welcher ich versucht habe, im Sinne von Goethe, die höchsten allgemeinen Ergebnisse Ihres Faches, der Physik mit den Grundgedanken unserer monistischen Philosophie ( – oder „Religion“ – ) in Harmonie zu bringen („Theophysik“). ||

In der III. und IV. Tabelle (S. 76, 77) habe ich mich bemüht, die wichtigsten Grundfragen dieses „Physikalischen Monismus“, und die verschiedenen Auffassungen der „Substanz“ ( – in der Trinität von Materie, Energie, Psychom – ) in die einfachste logische Form zu bringen.

Mit unseren verstorbenen Freunden und Kollegen, Ernst Abbe und Winkelmann, habe ich darüber wiederholt sehr interessante Gespräche (auch in unserem Referier-Abend) gehabt. Falls Ihre wertvolle, sehr in Anspruch genommene Zeit es gestattet, würde ich mich sehr freuen, bei einem gelegentlichen Besuche mich von Ihnen über einige Zweifel belehren zu lassen.

Indem ich Ihnen meinen aufrichtigen Dank wiederhole, bleibe ich

mit der Versicherung vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebenster

Ernst Haeckel.

Brief Metadaten

ID
32650
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
08.02.1917
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
13,9 x 22,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32650
Zitiervorlage
Haeckel, Ernst an Straubel, Rudolf; Jena; 08.02.1917; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_32650