Albert Kölliker an Ernst Haeckel, Würzburg, 5. Januar 1857
Mein lieber Häckel!
Im Begriff meine Nizzaer Beobachtungen niederzuschreiben wäre es mir von Interesse von Ihnen zu erfahren, wie bald Sie Ihre Arbeit über die Krustenthiere veröffentlichen werden. Ich habe nämlich eine Menge Beobachtungen über Cuticularbildungen und Poren verschiedener Thiere gemacht, die ich nun zusammen verarbeite. Hierbei komme ich natürlich auch auf die Kruster und da möchte ich nun die Frage nur Allgemein besprechen und für einzelnes auf Sie verweisen, indem ich erwarte, daß Sie eine detaillirte Beschreibung des Skelettes etwa von Astacus oder Palinurus quoad structuram geben werden. Kann ich dieß thun? und werden Sie auf Ihre Dissertation nicht zu lange warten lassen?
Es wird Sie interessiren zu erfahren, daß auch die Magengebilde der Decapoden ausgezeichnete Poren enthalten vor allem || die verkalkten Parthien, auch die Zähne Cl H Anwendung ist hierbei z.Th. nöthig. Vielleicht haben Sie dieß auch schon gefunden auf jeden Fall könnten Sie auch diese Sache speciell verfolgen, da ich nur einige allgemeine Andeutungen geben kann.
Wie steht es mit der Schweiz in Berlin? Haben Sie dieselbe schon mit Haut und Borsten verzehrt, denn borstig sind wir und könnte leicht eine Perforation auf ein solches Mahl folgen, an der selbst ein Hinterpommer sich verbluten würde. Ihre Nationalzeitung bringt übrigens schlaue Artikelchen, die mich freuen.
Wenn Sie Lent sehen, grüßen Sie ihn viel mal. Er soll mir nicht böse sein, das ich noch nicht schrieb. Beim besten Willen kam ich nicht dazu. Wenn er arbeiten will sagen Sie ihm soll er in der Art wie ich begonnen, eine Reihe Gifte durchnehmen vor allem Metalle.
Hensen bin ich leider auch noch einen Brief schuldig und muß ich auch hier um Nachsicht bitten. Sagen Sie ihm über Pancreas sei der 2. Band von Bernard Leçons de Physiologie nachzusehen und Bernard’s neuester Memoire über die Pancreas in quarto || welche beide J. Müller sicherlich hat. Viel neues was ihn touchirt steht aber wie mir scheint nicht darin.
Ich hoffe immer noch, Sie wieder hier zu sehen und würden wir viel comparative Histologie und Physiologie treiben können, wenn Sie wollten. Im Sommer thue ich nichts anderes.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr A. Kölliker
Würzburg. | 5. Januar 1857. |