Focke, Wilhelm Olbers

Wilhelm Olbers Focke an Ernst Haeckel, Bremen; 15. Februar 1916

Stein. Kreuz 5, Bremen,15. Febr. 1916.

Lieber alter Freund!

Noch einmal kann ich Dir zum Geburtstage meine herzlichen Glückwünsche sagen – näher ausführen lässt sich das wohl kaum, aber lass es Dir wohl ergehen! Die genauesten mathematischen und physikalischen Untersuchungen werden an dem Tage nichts finden, was ihn vor andern Tagen auszeichnet, aber doch hat era einen Wert, freilich einen imponderablen, einen || nicht definierbaren Erinnerungswert.

Hoffentlich beginnst Du das neue Lebensjahr in verhältnismässig guter Gesundheit und mit frischem Mute. Ich betrachte mich nicht mehr als Mitspieler, sondern als Zuschauer auf der Lebensbühne – und ich glaube, dass meine Altersgenossen es nicht viel anders machen. Ich sehe und höre jetzt nur vereinzelte Dinge, die meistens aus dem Zusammenhange gerissen sind. Von Krabbe weiss ich seit Kriegsausbruch ebenso wenig wie von meinen sonstigen ausländischenb (englischen und französischen) Korrespondenten; ich weiss nicht, ob er noch am Leben ist, wenn || ich auch vermute, dass man mir von irgend einer Seite gemeldet hätte, falls ihm etwas begegnet wäre.

Meinen nächsten Angehörigen ist es im Kriege bisher wohl ergangen; ich darf nur hoffen, dass es Ihnen auch ferner gelingt, unversehrt zu bleiben.

Ob ich im laufenden Jahre wohl noch einmal nach Jena kommen kann?

Also noch einmal meinen einfachen Wunsch: möge es Dir wohl ergehen im neuen Lebensjahr!

In alter Freundschaft

Dein W. O. Focke.

a eingef.: er; b eingef.: ausländischen

 

Letter metadata

Recipient
Dating
15.02.1916
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 1911
ID
1911