August Weismann an Ernst Haeckel, Freiburg, 6. Mai 1868
Freiburg
6 Mai 68.
Lieber Freund!
Verzeihen Sie mein langes Schweigen! Gegenbaur wird Ihnen gesagt haben, wie gern ich schon längst Etwas hätte von mir hören lassen, wenn ich nur gekonnt hätte. Jetzt geht es mir besser, selbst besser als bei Gegenbaurs Hiersein, so daß ich einige Hoffnung habe, allmählig mich wieder in Thätigkeit zu setzen! Doch ist Schonung äußerst nöthig, wie ich heute wieder merke, nachdem ich gestern Etwas zu viel geschrieben habe.
Meiner Frau, wie mir war es sehr leid, daß Sie uns vorigen Herbst nicht hier trafen, vielleicht sehen wir Sie in || diesem Jahr, wo wir vermuthlich noch in die Ferien hinein hier bleiben werden. Doch läßt sich über unsre Pläne noch nichts Sicheres sagen, da ich im Juli die Niederkunft meiner Frau erwarte.
Wegen der Besetzung der Botanik ist hier noch Nichts entschieden; die Sache scheint vorläufig noch wenig energisch betrieben zu werden. Sachs hat, soviel ich höre, einen Bonner Privatdocenten in Aussicht, Hildebrand. Über Hallier habe ich ihn sich mißliebig äußern hören, so daß schwerlich Aussicht für ihn wäre. Daß ich keine Stimme in der Fakultät habe, wissen Sie; was ich aber sonst thun kann, um Bail in Vorschlag zu bringen, werde ich mit Freuden thun; erstlich weil Sie für ihn sprechen u. dann || weil mir Alles, was ich von Ihm weiß gefällt.
Bail würde doch wohl mit kleinem Gehalt u. Extraordinariat zufrieden sein vorläufig! Man speculirt auf Ersparnisse, der Meistbietende u. Wenigstverlangende wird wohl gewinnen!
Verzeihen Sie die Kürze u. empfehlen Sie mich unbekannterweise Ihrer lieben Frau!
Mit herzlichem Gruß
Ihr
aufrichtig ergebner
Aug. Weismann