Sachsen-Meiningen, Georg II., Herzog von

Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen an Ernst Haeckel, Cap Martin, 14. Februar 1913

Cap Martin | 14 Februar 1913

Lieber Häckel!

Zu Ihrem Geburtstage komme ich brieflich zu Ihnen, um Ihnen zu sagen, wie viel meine Frau und ich Ihrer gedenken und wie sehr wir wünschen, es möge thunlich sein, Ihnen Freude zu bereiten trotz Hemmung Ihrer Beweglichkeit in Folge jenes unglückseligen Bruchs. Würden Sie nicht im Laufe des kommenden Sommerʼs einmal zu uns nach Altenstein sich wagen können? Vor Beginn Juli werden wir keinesfalls freilich dort eintreffen können, da wir Beide unsere jährlich wiederkehrenden Kuren, meine Frau eine Karlsbader am Königssee und ich || Helenenquellenkur in Wildungen, im Juni absolviren müssen. Von ganzem Herzen wünschen wir, das neue Lebensjahr, das Sie beginnen, werde Ihnen Besseres bringen als es die letzten seit der Katastrophe gethan haben!

Seit 14 Tagen sind wir hier, bis jetzt vom Wetter außerordentlich begünstigt. Hier habe ich zuletzt das Glück gehabt, Sie zu sehen. Seitdem bin ich auch nicht gerade jünger geworden, doch wundere ich mich und freue mich täglich, daß ich noch so zusammenhalte, wie es bis jetzt der Fall war. Bei meinem Alter muß man aber stündlich auf den Abmarsch gefasst sein; denn 87 Jahre sind keine Kleinigkeit! Gott Lob geht es meiner Frau trotz ihrer Leiden verhältnismäßig nicht schlecht. Ihre große Energie hält || sie wunderbar aufrecht.

Mögen diese Zeilen Sie an Ihrem Wiegenfeste bei guter Gesundheit antreffen und Sie bei rückwärts gewandtem Blicke ein Glücksgefühl empfinden im Gedanken an allʼ das Große, daß Sie in Ihrem reichen Leben geleistet haben.

Ihr

Ihnen aufʼs Herzlichste ergebener

Georg

 

Letter metadata

Recipient
Dating
14.02.1913
Place of origin
Country of origin
Destination
Jena
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 10295
ID
10295