Wilhelm Bölsche an Ernst Haeckel, Friedrichshagen, 28. April 1900
Friedrichshagen Ahorn Allee 22.
28.IV.1900.
Lieber Herr Professor!
Ein fröhliches Glückauf! Ich finde Ihren Plan großartig. Ich dachte noch vor zwei Jahren, als ich Semons Reisebericht las: warum macht der Schüler diese schöne Reise und nicht der Meister selber? Aber Sie müssen vor allem auch wieder einen Band Reisebilder dabei schreiben, damit auch Andere zu Hause etwas miterleben! Ich beneide sie besonders um den Anblick von Buitenzorg-Java.
Das 4. Heft der Kunstformen hat mir besondere Freude gemacht. Wäre es nicht hübsch, wenn Sie aus Ihren wundervollen Baum-Aquarellen (vielleicht noch besonders aus solchen von dieser neuen || Reise) einmal eine Auswahl in farbiger Reproduktion direkt als botanische Charakterbilder veröffentlichten? Ich meine, es ist Mangel grade an einem solchen Werk (besonders für Tropenbäume) aus neuerer Zeit und für heutige Zwecke. Ich finde, daß unsere Tierbilder in den letzten Jahrzehnten viel rascher sich gebessert haben, als die Pflanzenbilder, trotz der ungeheuren Masse der Landschaftsbilder unserer Maler, die ins Botanische notgedrungen hineinpfuschen, – aber leider mangels aller naturwissenschaftlichen Kenntnisse meist wirklich nur pfuschen.
Mit herzlichsten Grüßen
Ihr W. Bölsche