Paul von Ritter an Ernst Haeckel, Frankfurt am Main, 13. Oktober 1895

Frankfurt/Main.

„Hôtel Drexel“

13r October 1895

Hochgeehrter Herr Professor,

Soeben erhalte ich von Basel die frohe briefliche Mittheilung über die gütige Zusendung Ihres hochinteressanten wissenschaftlichen Werkes der Systematischen Phylogenie (Wirbelthiere), III Theil. || und danke Ihnen aus vollem Herzen nicht allein für diese werthvolle Gabe sondern und insbesondere auch für Ihr mir zugewendetes freundliches Wohlwollen und für Ihre huldvolle Erinnerung. –

Die Phylogenie ist für mich eine ethische Lebensfrage und daher ich gehalten bin den bedeutendsten gegen||wärtigen Vertreter derselben, welchen ich in Ihrer lieben Person verehre, zu achten und zu lieben. –

Ich werde das schöne Werk mit Interesse lesen und an den Ufern des atlantischen Oceans mit dieser belehrenden Lectüre meine Mussestunden ausfüllen. –

Die Sexualorgane haben auf die Entwickelung der verschiedenen Lebeformen in der Natur einen großen, nicht zu unterschätzenden Einfluss gehabt. – Die Monotremen form hat wie in der Geschichte der || Lustseuche von Rodenbaum zu lesen ist auch unter den Menschen in gewisser eigenartiger Form schon existirt und Barbaut „Traite de l’art de l’accouchement“ hat es ja in der neuesten Zeit bestätigt. Ich erwarte, daß mir die weiteren Lieferungen des Semonsschen Reisewerkes pünktlich zugeschickt werdena und, daß die gewünschten Abbildungen der Marsupialen und Monotremen v Specht, für welche ich ein Geldsubsidium versprochen hatte, nicht ausbleiben. – Mein Versprechen ist an diese und an Ihre persönliche Aegide nur gebunden. – Auch bitte ich die weiteren Lieferungen des Werkes an die Kais. R. Akademie der Wissenschaften St. Ptg. u. an die Univers.-bibl. in Dorpat regelmäßigb zu schicken. – Ihnen bei dem hoffentlich || schon hergestellten kranken Fusse das beste Wohlergehen wünschend, bestätige ich den Empfang Ihres liebenswürdigen Briefes v. 3/IX 95 und zeichne Sie und Ihre liebe Frau herzlich begrüßend, – hochachtungsvoll

als

stets derselben Lebensfreund und Zeitgenosse,

Paul Ritterc

a eingef.: werden b eingef.: regelmäßig c Schlußworte („schon […] Ritter“) vertikal am Rand von S. 1 nachgetragen.

Brief Metadaten

ID
9349
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
13.10.1895
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,1 x 20,5 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9349
Zitiervorlage
Ritter, Paul von an Haeckel, Ernst; Frankfurt am Main; 13.10.1895; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_9349