Paul von Ritter an Ernst Haeckel, Frankfurt/Main, 24. April 1890
Frankfurt/Main
Hôtel z. Schwan
24t April 90
Hochgeehrter Herr Professor,
Ihre geehrte Zuschrift v. 30t März 90 mit dem interessanten und belehrenden Inhalte Ihrer Forschungen und Erlebnisse in Africa habe ich erhalten u. mit großer Freude die Mittheilung entgegengenommen, daß Sie in der Umgegend von Oran ein mächtiges fossiles Radiolarienlager entdeckt haben, was die Behauptung|| älterer Forscher zu bestätigen scheint, dass die Configuration und Ausdehnung des mittelländischen Meeres in früheren Zeiten wahrscheinlich eine andere gewesen sein muß. –
Die unerwartete Liebenswürdigkeit, welche Ihnen in Mers-el-Kebir Seitens der französischen Gensdarmen zu Theil wurde, hat die feinfühlenden Herzen der Frankfurter und Frankfurterinnen mit Mitleid erfüllt und die Frankfurter kleine|| Presse so wie die liebenswürdige Frau Lina Schott, wo wir die Theaterbilletts kauften, haben ihre Schuldigkeit gethan, erstere durch die Pressposaune und letztere durch die holden Lippen ihres Mundwerkes, weil sie die erste war, welche mir von dem Ihnen zugestoßenen Unfall erzählte. –
Beifolgend übersende ich Ihnen ein Exemplar der kleinen Frankfurter Presse und ein Exemplar der Flamme mit zwei schönen Abbildungen italienischer| Aschenurnen, welche ich in der Zeitschrift veröffentlicht habe. –
H. Dr. Max Verworen hat mich in Frankfurt besucht und H. Professor Kükenthal seinen Reisebericht eingeschickt so wie eine neu entdeckte Insel westlich von Bärentsland nach meinem Namen benannt. –
Ich danke Ihnen für Ihren liebenswürdigen Besuch in Frankfurt u. hoffe, daß wir uns noch häufiger im Leben begegnen werden. – Und noch eine große Bitte mir die Correspondenz meinera sogenannten Verwandten entweder in Kopie oder Original zu|schicken zu wollen, damit ich meine verkappten Freunde erkennen könne! – Sollten Sie mir die Originale schicken und dieselben wieder retour brauchen, so schicke ich dieselben Ihnen sofort retour. – Aber ich würde Sie bitten mir dieselben umgehend nach Basel 8 Schärtlingasse zu schicken, da ich verreisen muß. – Heute verlasse ich Frankfurt, um nach Basel zurückzukehren. –b
Mit herzlichen Grüßen an Ihre liebe Frau, verbleibe hochachtungsvoll
Paul Ritter
1 Kreuzband u 2 Beifügungenc||
Fräulein Kucera läßt sich Ihnen bestens empfehlen.
No. 24 April 90
Adresse: Basel. Schärtlingasse 8d
a eingef.: meiner b Letzte Sätze (senden […] zurückzukehren.) kopfüber auf S. 4. c Schlußsatz teils vertikal, teils horizontal an den Rändern von S. 4. d Nachtrag vertikal auf S. 1.