Paul von Ritter an Ernst Haeckel, Basel, 3. Oktober 1888
Basel
8 Schärtlingasse 8
3 Oktober 88.
Hochgeehrter Herr Professor,
Ihr hochgeehrtes Schreiben v. 28t September 88 habe ich erhalten und mich mit Ihnen herzlich gefreut, daß Sie den Sommer auf eine so romantische und patriarchalische Weise verlebt haben. – Natur und Menschen, welche sich begreifen und durchdringen, schmücken das Leben, erheben das Gemüth und veredlen das Herz. Ohne Kunst und Wissenschaft ist ein geistiges Leben kaum denkbar und Beides scheinen Sie in || diesem Sommer unter dem erhabenen Eindrucke der unbeengten Alpennatur vollkommen genossen zu haben. –
Wann ich nach Weimar komme, kann ich Ihnen gegenwärtig nicht sagen, da S. K. H. der Grossherzog, welchem ich mich persönlich zum letzen Male vorstellen möchte, augenblicklich nicht in || Weimar weilt. – Im Laufe des Oktobers wird es sich wohl schwerlich machen, aber so wie ich darüber Nachricht erhalten sollte, – so sollen Sie der Erste sein, an welchen ich die Kunde Telegraphiere. Für Ihre liebenswürdige Einladung bei Ihnen in Jena einzukehren, – sage ich Ihnen meinen verbindlichsten und zugleich herzlichsten Dank. –
Ich glaube, daß Sie ungestört zu Ihrer Frau Mutter reisen können. || Am Meisten hat mich Ihre Mittheilung gefreut, daß Sie die Absicht empfinden eine größere See-Reise für die phylogenetische Entwickelungslehre unternehmen zu wollen. – Die Reise-Literatur über Australien ist sehr reich, aber bis jetzt haben dieses ungewöhnliche Land anur wenige Naturforscher in biogenetischer Beziehung bereist und durchforscht. –
Mit meinen herzlichsten Grüßen an Alle die lieben Ihrigen, zeichne mit vorzüglicher Hochachtung und Ergebenheit
Ihr
Paul v. Ritter
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