Elwin Paetel an Ernst Haeckel, Berlin, 19. Januar 1893

VERLAGSBUCHHANDLUNG

GEBRÜDER PAETEL IN BERLIN

BERLIN, W. 35, DEN 19. Januar 1893.

Hochverehrter Herr Professor!

Um jedes Misverständniss auszuschließen, möchte ich auf Ihren freundlichen Brief vom 12. des Monats noch erwidern, dass ich die 3. Auflage Ihrer „Indischen Reisebriefe“ in 1000 Exemplaren mit 20 Lichtdruck-Tafeln (Obernetter) – und zwar, Ihrem Wunsche entsprechend – ca. 3/5 Landschaftliches und 2/5 Figürliches – auszugeben gedenke, dass ich aber mit der Mappe der 20 Lichtdrucke apart kein Separat-Geschäft beabsichtige; dieselbe soll vielmehr den Abnehmern der beiden ersten Auflagen nur die Möglichkeit gewähren, sich nachträglich die Illustrationen anzuschaffen. – ||

Aus diesem Grunde würde ich außer den 1000 für das Buch selbst bestimmten Exemplaren der 20 Tafeln nur den jeweiligen Bedarf, und zwar höchstens Hundertweise abziehen lassen. –

Bestimmend hierfür ist für mich der Umstand, dass sich bei dem Obernetter’schen Lichtdruckverfahren 1000 Exemplare nur unbedeutend billiger pro rata stellen als 100 Exemplare, und dass ich von dem Separat-Album einerseits keinen nennenswerthen Absatz erhoffen kann und andererseits nicht weiss, ob und wieviel Abnehmer der beiden ersten Auflagen gewillt sind, sich nachträglich die Mappe anzuschaffen. –

Aus diesem Grunde vermag ich auch für die Separat-Mappe ein besonderes Honorar nicht zu gewähren, bin aber bereit, Ihnen – gleichsam || als Aequivalent – 90 Frei-Exemplare zu liefern; wenn Sie von dem Buche selbst 60 Frei-Exemplare wünschen, so bitte ich mir zu gestatten, dass ich diese über die auf 1000 Exemplare normirte Auflage hinaus abziehen lassen darf. –

Format und Ausstattung werde ich sowohl hinsichtlich der Textes, als auch der Bilder genau wie bei dem Güßfeldt’schen Andes-Buch wählen; die Silbenzahl des Letzteren stimmt pro Columne fast genau mit der Ihrer „Indischen Reisebriefe“ überein, obgleich bei Letzterer die Columnen viel gedrängter erscheinen. –

Wenn Sie den Ladenpreis Ihrer „Natürlichen Schöpfungsgeschichte“ mit dem der „Indischen Reisebriefe“ im Vergleich ziehen und aus diesem Grund für billige Preisstellung der neuen illustrir-||ten Auflage der „Indischen Reisebriefe“ plaidiren, so übersehen Sie, dass für die „Natürliche Schöpfungsgeschichte“, welche, wenn ich nicht irre, bereits in 8. Auflage vorliegt, die Holzstöcke, lithographischen Steine pp bereits seit der ersten Auflage in der Mehrzahl vorliegen, sodass ganz einfache Abzüge zu erfolgen haben, während ich die 20 Platten neu anfertigen lassen müßte in einem Verfahren, das sich für hohe Auflagen bedeutend höher stellt, als Holzschnitt u. s. w. Abgesehen davon, dass ein grundlegendes Werk, wie die „Schöpfungsgeschichte“ wohl überhaupt nicht im Vergleich zu „Reisebriefen“ – so bedeutend und interessant sie auch sein mögen – gestellt werden kann, möchte ich annehmen, dass von jenem Werk stets eine höhere Auflage gedruckt wird, sodass dann auch || sich die Herstellung für das Einzel-Exemplar bedeutend niedriger stellt. –

Eine genaue Calculation auf Grund meiner Bücher, welche die einzelnen Posten für Herstellung und Ertrag der beiden ersten Auflagen ergeben, hat ergeben, dass ich auch die neue (3te) Auflage nicht billiger ansetzen kann, wenn ich nicht selber Schaden erleiden will. –

Die 20 Tafeln vertheuern natürlich den Herstellungs- und demgemäss auch Ladenpreis derartig, dass er Ihnen vermuthlich viel zu hoch erscheinen wird; ich will nur bemerken, dass Obernetter für 1000 Exemplare der 20 Tafeln nur 418 Mark berechnet, also pro Exemplar über 4 Mark. – Die illustrirte Ausgabe || würde also ungefähr das Doppelte der nichtillustrirten (Güssfeldt, Andes. 18 Mark Ladenpreis!) kosten. Auf Grund dieser Erwägungen bin ich gern bereit, von einer Illustrirung der neuen Auflage abzusehen und Ihnen hierdurch die schriftliche Erklärung abzugeben, dass ich Nichts dagegen einzuwenden habe, wenn später – das heißt frühestens im Herbste des Jahres 1895. – eine illustrirte Ausgabe der „Indischen Reisebriefe“ in einem andern Verlage erscheint. –

In Ihrem freundlichen Schreiben vom 27. December vorigen Jahres schlagen Sie einen Ladenpreis von 4 bis 5 Mark vor und bemerken zum || Schluss wörtlich: „In finanzieller Beziehung dürfte es billig sein, entweder mein Honorar zu erhöhen oder den (zu hohen) Ladenpreis herabzusetzen.“ –

Leider muss ich zu meinem Bedauern auf Grund der vorerwähnten Calculation ablehnen, da die Herstellung von 1000 Exemplaren der (nicht illustrirten) 3ten Auflage circa 3100 Mark kostet, ohne Zinsen für Anlagecapital, das sich doch erst in so und so viel Jahren ergänzt, ohne Spesen, Arbeit und Antheil an den allgemeinen Unkosten, welch’ letzteren jeder Verlagsartikel nach seinem Werthe übernehmen muss. –

Von den 1000 Exemplaren gehen rund 100 für die Presse, als Pflicht- und Geschenk-Exemplare ab, sodass mir || für den Vertrieb 900 übrig bleiben, von denen jedes einen Herstellungspreis – ohne die Capitalverzinsung pp – von 3 Mark 45 Pfennig hat. –

Wenn ich einen Ladenpreis von 5 Mark ansetzen wollte, so müßte ich den Buchhandel mit 33 1/3 % und 7/6 (es handelt sich nicht um ein streng wissenschaftliches Werk!), also das Exemplar mit 2 Mark 87 Pf. bei einem Selbstkostenpreis von 3 Mark 45 Pf. leisten!

Auf Grund dieser Erörterungen, mit denen ich Sie langweilen müßte, um meine Ablehnung zu motiviren, bitte ich Sie nunmehr um die Ermächtigung, mit dem Druck der 3ten (nicht illustrirten) Auflage beginnen zu können; wünschen Sie 60 Frei-Exemplare, so bin ich gern bereit, sie zu gewähren, muss dann aber das Plus (60–25 lt. Contract) über die Auflage hinaus abziehen dürfen. –

In der Hoffnung, dass Ihnen mein Entgegenkommen in der Freigabe || der „Indischen Reisebriefe“ zu einer illustrirten Ausgabe für 1895 beweisen möge, welchen Werth ich auf die ehrenvolle Verbindung meines Verlages mit Ihnen lege, und mit hochachtungsvollen Grüßen zeichne ich als

Ihr sehr ergebener

Elwin Paetela

a Text weiter auf linkem Rand von S. 8: der “Indischen … Elwin Paetel

Brief Metadaten

ID
9257
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Institution von
Verlagsbuchhandlung Gebrüder Paetel in Berlin
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
19.01.1893
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
8
Umfang Blätter
4
Format
14,0 x 21,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 9257
Zitiervorlage
Paetel, Elwin an Haeckel, Ernst; Berlin; 19.01.1893; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_9257