Harro Magnussen an Ernst Haeckel, Berlin-Grunewald, 14. März 1907

Harro Magnussen

Bildhauer

Grunewald-Berlin, d. 14ten März 1907

Delbrück-Strasse 23.

Atelier Eingang

Jagowstr. 2

An den Wirklichen Geheimen Rat | Herrn Professor Doktor Haeckel | Excellenz

Eurer Excellenz

gestatte ich mir ganz ergebenst, wenn auch verspätet meine herzlichsten Glückwünsche zum goldenen Doktor-Jubiläum sowie zur hohen Auszeichnung auszusprechen, für letztere in dem Sinne, als man daraus zur allgemeinen Freude und Genugtuung erkennt, daß Ihr Landesherr Ihnen die Stange hält.

Mein heutiges Schreiben mit sechs Photographien nach meinem Denkmal für die Naturforschung hat den eigentlichen Zweck Eure Exzellenz um zwei Dinge zu bitten: erstens: geben Sie Ihre Zustimmung im Allgemeinen, daß diese Arbeit aufgestellt wird, Änderungen im einzelnen sind natürlich nicht ausgeschlossen, und zweitens: kann in dem Plan des zu erbauenden philogenetischen Museums nicht gleich eine Wand mit guter Beleuchtung ausgespart werden, wo meine Arbeit angebracht wird? Wenn Eure Exzellenz || diese beiden Bitten und Fragen mit Ja beantworten können, so werde ich für das Weitere sorgen und hoffe zu Eurer Exzellenz 75tem Geburtstag die ganze Anlage fertig übergeben zu können. Die Anlage ist 4,50 m breit und reichlich 5 m hoch, es wäre also eine Wand von etwa 5 x 6 m zu schaffen, es würde auch 4½ x 5 genügen. Wenn die Sache nichts werden sollte, kann eine solche Wand doch immer benutzt werden zu Aufstellungen anderer Objekte, also wäre eine solche Vorsicht nicht weggeworfenes Geld. Über die einzelnen Teile der Architektur läßt sich streiten: Ich mußte die provisorische Anfertigung aus Holz möglichst billig gestalten, weshalb die Mittelnische z. B. zu niedrig ist. Bei der Ausführung würde sie höher werden, damit sie die ganze Figur faßt. Die abgebildete Nische, in welcher Eurer Exzellenz Büste steht, ist nur provisorisch, ich bin bereits dabei eine andere anzufertigen, bei welcher als Ornamente Motive aus „Kunstformen in der Natur“ angewendet werden, so daß auch darin der Gedanke des Fortschreitens von der Renaissance zur Jetztzeit ausgedrückt wird. Wenn die Aufstellung erfolgt, bin ich auch gerne erbötig statt der Göthebüste eine Lamarckbüste anzufertigen: einstweilen bin ich beim Göthe geblieben, weil ich die Arbeit in die große Kunstausstellung bringen will und dort kennen alle Göthe und keiner Lamarck. Bei der Aufstellung in Ihrem || Museum würde dieser Grund wegfallen für mich, und ich würde den Gedankengang gerne durch Aufstellung von Lamarcks Büste intensiver gestalten.

Eure Excellenz haben jetzt das Ergebnis einer jahrelangen Arbeit von mir vor sich. Ich bitte Eure Excellenz es mit freundlichen Augen anzusehen, denn es ist mein ganzes Inneres. Ich habe meine ganze Kraft dran gesetzt, nicht nur innerlich sondern auch äußerlich, auch aber pekuniär. Die Ausführung würde mich entschädigen, ich würde die Früchte sammeln können, die ich für meine Anstrengung verdient habe. Sollten dieselben ausbleiben, wäre das ein sehr schwerer Schlag für mich, denn man kann nicht immer nur schaffen, man muß auch einen Erfolg haben. Darum bitte ich daß Eure Excellenz die Arbeit freundlich anschauen, nur Sie und Ihre Lehren haben mich dazu begeistert und nur dort wo Sie gewirkt haben, gehört sie hin.

Eurer Excellenz

ehrerbietigst

ergebener

Harro Magnussen

Brief Metadaten

ID
9162
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
14.03.1907
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
22,2 x 28,6 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9162
Zitiervorlage
Magnussen, Harro an Haeckel, Ernst; Berlin-Grunewald; 14.03.1907; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_9162