Rudolf Aderhold an Ernst Haeckel, Proskau, 7. März 1899
Proskau, bei/Oppeln, d. 7./III.99.
Allverehrter Herr Professor!
Die Influenza hat mich bisher gehindert, Ihnen für die freundliche Zusendung Ihrer herrlichen „Kunstformen der Natur“ zu danken. Ich thue es aber heute von ganzem Herzen. Diese wahrhaft künstlerischen Kunstformen haben meinen Beifall so völlig gefunden, dass ich beschlossen habe, auch die folgenden Lieferungen zu erwerben.
Zu meiner Freude ersehe ich aus der Arbeit und aus den mir noch ab und zu aus Jena zugehenden Mitteilungen, dass Sie noch immer der schaffenslustige, geniale, sprudelnde Geist sind, als der Sie in der Erinnerung aller Ihrer || Schüler wohl ewig leben werden. Ich benutze die Gelegenheit, um, wenn auch für den Geburtstag zu spät, Ihnen meine besten Wünsche für die weitere Zukunft auszusprechen.
Ich bin aus unserm traulichen Jena via Westphalen und Rheinlande hierher nach dem äussersten Südosten unseres Vaterlandes verschlagen worden, der in der Vorstellung mancher Thüringer bloss im Pelzmantel und Krempelstiefeln erträglich scheint. Indess so schlimm ist es nicht. Es lebt sich auch hier recht gut und ich bin speciell mit meinem Institute und meiner Stellung recht zufrieden – wenn ich natürlich auch gerne nach Thüringen zurückkehren würde.
Jetzt ist ja Herr Prof. Kükenthal Nachbar in Schlesien geworden. Leider habe || ich ihn noch nicht gesehn, da ich nur selten nach Breslau komme. Indess freut es mich, einen alten Jenenser in der Nähe zu wissen.
Mit herzlichsten Grüssen
in alter Verehrung
Ihr Ergebener
Dr. Aderhold,
Botaniker am Königlichen Pomologischen
Institute.