Aegidi, Ludwig Karl

Ludwig Karl Aegidi an Ernst Haeckel, Hamburg, 31. Juli 1860

Lieber Ernst!

Die Sache ist im weiten, weiten Felde! Unser Cultusminister („Protoscholarch“) ist im Bade; er kommt Ende August; aber dann sind andre wichtige Glieder der Schulbehörde abwesend, sodass schwerlich vor Oktober etwas geschieht. Jedenfalls muss im allerersten Stadium das Gutachten der Professoren eingeholt werden; das ist noch nicht geschehen.

Mittlerweile ist an Mehrere gedacht. Mehr „Aussicht“ hat noch Keiner gehabt. Aber es gibt Leute, die es lieben, wichtig zu thun. Und so sind denn Privatbriefe, die sich einen officiellen Anstrich geben, an Leukart, an Blasius, an ʒ ʒ ʒ ʒ abgegangen. Diese Briefe haben Gutes gestiftet: zb. Blasius u. Leukart haben große Zulagen erhalten ʒ.

Eigentlich handelt es sich um eine sog. Professur der Naturgeschichte (Zoologie u. Botanik); dazu gehört die Direction des botan. Gartens. Dagegen ressortirt das zoolog. Museum gar nicht an das „Gymnasium“, sondern steht selbständig unter einer „Commission“, deren Mitglied der Professor der Zool. sein kann, folglich in der Regel auch ist. In der Commission sind auch tüchtige Kaufleute, zb. Wilhelm Weber, der Vetter von Max W., den Karl kennt.

Nun beabsichtigt man (d. h. Einige, und insbesondere von uns Professoren Einer), die || Direction des botan. Gartens zu trennen; dann läge der Accent bei der Professur auf der Zoologie und nichts schiene dann natürlicher, als auf vergleichende Anatomie Rücksicht zu nehmen.

Jedenfalls sprechen wir uns in F., wohin ich etwa den 17. Aug. zu kommen gedenke und ich theile Ihnen mit, was ich irgend weiß. Die Stellung ist einzig in ihrer Art an unserer Anstalt! Das ist wahr! Diese totale Unabhängigkeit, Muße ʒ Und, wenn man will, der große Wirkungskreis: Denn ganz Hamburg, die ganze, nicht bloß die gebildete Gesellschaft ist unser Auditorium.

Grüßen Sie Karl herzlich und danken ihm für seine lieben Zeilen, die ich wohl zu würdigen weiß. – Sagen Sie ihm, dass Forkel mir geschrieben hat; ich besorge, er kommt, nachdem ich abgereist bin.

Siegfr. Reimer’s Tod wird Sie Alle recht erschüttert haben! Georg R. war so freundlich, mir Näheres mitzutheilen.

Ihrea Vorträge über Sicilien hätte ich gern gehört. Kommen sie nicht heraus?

Auch Ihren theuren Eltern u. Ihrer verehrten Frl. Braut empfehlen Sie mich.

Herzlich der Ihre

L. K. Aegidi

Hamburg

31. Juli 60.

a korr. aus: Ihrer

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
31.07.1860
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 9020
ID
9020