Aigner, Eduard

Eduard Aigner an Ernst Haeckel, München, 9. Juli 1919

München, den 9. Juli 1919

Sehr geehrter Herr!

In der Beilage übersenden wir Ihnen Einladung und vorläufige Tagesordnung zur Hauptversammlung des Deutschen Monistenbundes am 5.‒8. September in Hannover.

Die Leitung des D.M.B. ist der Überzeugung, daß jetzt für die Weltanschauungsorganisationen eine Entscheidung fallen muß. „Jetzt oder nie“ schreibt uns Haeckel unter Bezugnahme auf die veränderten politischen Verhältnisse im deutschen Reich.

Wir möchten anregen und im gemeinsamen Interesse aller freigeistigen Organisationen dazu die Hand bieten, daß in Hannover die Fühlungnahme des D.M.B. mit den freireligiösen Gemeinden & Freidenker Organisationen verbessert wird. Gewisse Verschiedenheiten der Anhänger monistischer Weltanschauung haben das Bestehen verschiedener Organisationen zur Folge. Wir glauben, daß diese corporative Spaltung sogar nutzbringend verwertet werden kann, wenn wir nur mehr wie bisher gegen den gemeinsamen Feind uns zusammenschließen. Wir haben z. B. in München in den letzten Wochen vom Monistenbund ausgehend eine Ortsgruppe des Freidenkerbundes gegründet, weil wir sehen, daß durch ein Beibehalten dieser verschiedenen Schattierungen neue Anhänger geworben werden. Wir haben im Münchener freigeistigen Kartell vom proletarischen Freidenkerbund bis zum Monistenbund alle politischen und gesellschaftlichen Unterschiede überbrückt und würden es begrüßen, wenn jetzt etwas Ähnliches für das deutsche Reich, wie es ja im Weimarer Kartell gedacht war, entstehen könnte. Vielleicht läßt sich eine Tagung der Vertreter der Freidenker Organisationen & der freireligiösen Gemeinden mit unserer Tagung verbinden, so daß wir praktisch in Hannover dem gerade jetzt notwendigen Zusammenarbeiten näher kämen.

Mit Gruß

gez. Dr. Aigner.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
09.07.1919
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 8889
ID
8889