Eduard Aigner an Ernst Haeckel, [München], 22 Januar 1908
Dr. Eduard Aigner
prakt. Arzt
München, Göthestraße 49.
22. Januar 08
Hochverehrter Herr Professor!
Gestern Abend erhielt ich diskret die Mitteilung, daß unser Ehrenvorstand zurückzutreten gedenke.
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Diese Gedankenstriche sollen zunächst eine schlecht verbrachte Nacht bedeuten und das etwas egoistische Gefühl ausdrücken. Soll denn all’ die Mühe und die gesundheitsuntergrabende Aufregung umsonst gewesen sein?!
Wenn unser Gründer und Ehrenvorstand assentetis geht, dann können wir zusammenpacken, denn der Gegner wird darin Anhaltspunkte finden, die ganz anderer Natur || sind als die von Herrn Professor angegebenen Gründe.
Wo ist denn die Gruppenteilung? Ich fürchte fest, daß die Information, die Ihnen geworden, nicht genug neutral war.
Wenn ein Ehrenpräsident geht dann muß etwas faul sein, sagen unsere Anhänger und mehr noch unsere Gegner und wir werden einen schweren Standpunkt haben, der Keplerbund wird es ausschlachten und Breitenbach mit seiner Neuen Weltanschauung desgleichen.
Sollten wirklich Ihnen Dinge zu Ohren gekommen sein, die Ihren Schritt nötig machen, dann werde ich mich nächster Tage aufmachen – vielleicht zum letztenmale – nach Jena || um sie von Ihnen persönlich zu hören.
Hier gehts großartig vorwärts das Jahresbudget schloß mit 6000 M. Einnahmen ab. 60 neue Mitglieder seit Oktober.
Also ein Heil dem Bund
und seinem Gründer.
Allzeit Ihr Dr. Aigner
Expraesident
P.S. für einen Ehrenpraesidenten bestehen keinerlei Pflichten bezüglich Correspondenz und sonstigen Bundesangelegenheiten.