Allmers, Hermann

Hermann Allmers an Ernst Haeckel, Bremen, 28. März 1888

Bremen. 28/3 88.

Mein herzlieber Haeckel

Mit diesem Briefe trage ich mich auch schon lange umher und nun wird er doch leider a kürzer als ein so ausgetragenes Kind sein sollte. Wie Du siehst bin ich nämlich in Bremen (bei Freund Romberg) wohin mich zunächst die Kunstausstellung lockte und vonb wo ich mit Heino R. dem Collegen Deines Walter einen Osterausflug nach dem alten Hildesheim machen will. Gleich nach meiner Heimkehr sollte dann der bewußte lange Brief zu Deiner Ferienunterhaltung vom Stapel gelassen werden. – Doch nun willst Du Walters wegen meinen || Rath, darum antworte ich auf Deine Zeilen stehenden Fußes. ‒

Wie sehr bedauere ich daß es so schnell sein muß. Ich würde sonst eine eingehende Untersuchung in Betreff der am besten zu wählenden Akademie, anstellen. Das geht nun nicht mehr. Jedoch damit ists auch noch später Zeit weil es für die beiden ersten Jahre nach meiner Ansicht wenig darauf ankommt: wo er das einfache Zeichnen lernt. Und wäre ich in Deiner Stelle behielt ich ihn deshalb vorläufig in meiner Nähe, in Weimar.

Da Du aber nach Potzdam kommst solltest Du mit Freund Knille in Berlin W. Burggrafenstraße 4 III) darüber sprechen. Sein Rath ist jedenfalls der Beste, den Du bekommen kannst und Knille wirst Du mit Deinem Besuche eine große Freude bereiten. Nimm dann ein paar Zeichnungen || Walters gleich mit. ‒ Ich glaube übrigens Dir Weimar schon früher einmal als erste Station angerathen zu haben. ‒

Auch mir geht es ganz famos und das weltentlegene lange winterliche Stillleben ist mir gleichfalls nicht spurlos gewesen sondern zu meiner Freude fing der Born der Lieder den ich bereits so gut wie gänzlich versiegt hielt, auf einmal wieder lustig zu rinnen an. Des stolzen Gefühls, was Du o großer Mann u. s. w. im Busen mit Dir herum tragen mußt: so und so viele Siphonophoren mitc Namen und Portrait beglückt zu haben, kann ich mich allerdings nicht erfreuen. Was istd ein Dutzend armer Lieder dagegen! Und wären sie selbst noch famoser als die vom bekannten Marschendichter. ||

Herzlichen Dank bin ich Dir für die Empfehlung des Darwinistischen Romans Die Sebalds v. Jordan schuldig, den ich diesen Winter las du mit rechtem Genuß. Einen anderen machte mir ein langer trefflicher Kunstbrief Deines Neffen Julius aus Potzdam in deme ja ein zweiter

Schnaase zu stecken scheint.

Bis zum Juli denke ich zu Hause zu bleiben, dann bis zum October in München und den Alpen abwechselnd zu sein (wo wir uns jedenfalls treffen müssen) und dann ‒ hinüber ins gelobte Land! -

Und so lebe wohl mein Junge. Grüße mir herzlich die lieben Deinen sei auch selbst bestens gegrüßt von Freund Romberg und mir und verlebe herzerquickliche Ferien.-

Mit Herz und Hand

Dein Vielgetreuer.

a gestr.: klein; b eingef.: von; c eingef.: mit; d gestr.: sind; eingef.: ist, e gestr.: der; eingef.: in dem

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
28.03.1888
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 8696
ID
8696