Allmers, Hermann

Hermann Allmers an Ernst Haeckel, Rechtenfleth, 14. Mai 1884

Rechtenfleth

14. Mai 84.

Mein herzlieber Haeckel

Für Deine freundliche Aufmerksamkeit, mich zum Weihefest einzuladen, habe innigsten Dank und entschuldige daß es ein so später ist. Doch auch die Karte langte zu spät ein, indess wäre sie auch früh genug eingetroffen, sie hätte mich dennoch vergebens gelockt, weil ein für mich äußerst wichtiger Landverkaufstermin mich in der Heimath gefesselt hielt. – Daß ich im Geiste aber oft genug an diesem a rechten Ehren- und Freudentage für Dich bei Dir weilte und inb Dein seligkeitstrahlendes Antlitz schaute, kann || ich Dir versichern mein treuer Junge. Und so bleibt mir denn Nichts übrig als Dir zum vollendeten schönen Werke, dem Du von Anfang bis zu Ende eine solche Liebe, Hingabe und Opferfreudigkeit zugewendet hast und das Duc zuletzt noch in uneingennützigster Weise so herrlich gekrönt und reich gemacht hast, durch Deine literarischen Schätze – jetzt aus tiefster Seele meinen Glück- und Segenswunsch zuzurufen. Wie es für Dich ein herrliches Ehrendenkmal bleiben wird so lange noch ein Stein davon auf dem Anderen ist, bleibe es für die Wissenschaft ein Hort und Heiligthum dessen Lichtstrahlen von Jahr zu Jahr schöner und siegreicher rings auf Erden Nacht und Nebel durchdringen und verscheuchen wo irgendd sie noch die Wahrheit umhüllen und verbergen. Du selbst aber mögest Dich Deines Werkes, Wirkens und Erfolgs erfreuen bis e zur äußersten Grenze || menschlicher Lebensthätigkeit und Lebensdauer. – Ich wünsche Dirs um so inniger, da ich weiß und auch bei dieser Gelegenheit wiederum das beglückende Gefühl genoß daß Du in Deinem Ruhmesglanz auchf denen ein treues und liebendes Andenken bewahrst welchen es nicht wie Dir beschieden unter Palmen zu wandeln. –

Der Juli dieses Jahrs bringt nun auch den Tag da wir auf dem heißen Boden Ischias auf g jener merkwürdigen Wiese inh den Trümmern des antiken Bades mit dem Rest unserer Wanderflasche i vor 25 Jahren den Bund unsrer Herzen weihten. Ich hätte wirklich große Lust amj Tage unserer silbernen Hochzeit bei Dir zu sein, da Du alsdann ja noch daheim bist. Und wer weiß was geschieht.

Zu erzählen habe ich Dir aus meinem einsamen und einförmigen Stillleben k nicht Viel. Ein kleines Buch in welchem ich das Bild und Leben eines hervorragenden || Heimatsgenossen, opferfreudigen Patrioten aus der Zeit der Befreiungskriege, unerschrockenen Wahrheits- wie edlen Menschenfreundes darzustellen versuchte ist die Hauptfrucht desselben, doch wird’s Dich Wenig intressiren. Es heißt „Hauptmann Böse. Ein deutsches Zeit- und Menschenbild fürs deutsche Volk“ und ist jetzt unter der Presse. Der hundertjährige Geburtstag des Wackeren und ein großes Volksfest l auf dem sein Denkmal geweiht wird war die Veranlassung zu meiner Arbeit. – Auch verschiedne Dichtungen entstanden darunter eine Art Bekenntniß das ich für die Osterzeit m gern in der Gartenlaube n gesehn hätte, die aber ja zahmer und ängstlicher geworden ist und es nicht aufnehmen wollte. Komme ich, sollst Du’s genießen und sicher Dein Wohlgefallen dran haben. Auch meine Finanzen haben sich eben durch den erwähnten Länderei-Verkauf gehoben und meine Gesundheit ist die Beste. Meine Sommerpläne sind noch sehr nebelhaft, die Alpen und Münchner Thürme aber ragen deutlich daraus hervor. Romberg ist miro noch stets einer meiner liebsten und treusten Menschen. Wie freuts mich, daß Du auch ihn zum Weihefest geladen. Gern hätten auch Deine anderen Bremer Dich einmal zum Vortrag dort. ||

Viele Briefe wechsele ich jetzt mit allerlei bekannten und unbekannten deutschen Dichtern:

„Die Rom einst hat begeistert und beglückt,

Die in Egerias Haine schon geruht

Und scheidend tranken aus der Treviflut“ –

und Deine Freude sollst Du daran haben mit welchen Gaben derselben der nächste Römische Kalender geschmückt erscheintp. – Nur ich hatte nichts Neues dafür; denn meine liebe Frau Muse läßt sich nun einmal durchaus nicht commandiren. –

Daß Hagenbeck eine Menge Singalesen q mit 22 Elephanten ein Dutzend Zebus dazu Schlangenbeschwörer und Zauberer nach Europa gebracht hat weißt Du wohl aus den Zeitungen. Ich mußte gleich Deines lieben Ganymed’s gedenken und welch eine Freude für Dich es wäre fändest Du den dabei.

Wohin denkst Du Deinen Fuß in den Ferien zu setzen? – Gerne wüßte ichs. –

Und nun leb wohl grüße mir herzlich Weib und Kind und behalt ferner lieb

Deinen getreuen

H. Allmers

Reichstagsabgeordneter

Wenn er nicht vor Kurzem die ihm von seinem Wahlkreise r vielfach angetragene Candidatur dazu aufs Entschiedenste abgelehnt hätte.

a gestr.: di; b eingef.: in; c gestr.: nu; eingef.: das Du; d eingef.: irgend; e gestr.: Di; f gestr.: nicht; eingef.: auch; g gestr.: uns; h gestr.: mit; eingef.: in; i gestr.: den Bund un; j gestr.: den; eingef.: am; k gestr.: di; l gestr.: das; m gestr.: bis; n gestr.: hätte; o eingef.: mir; p gestr.: werde; eingef.: erscheint; q gestr.: auch; r gestr.: ihm

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.05.1884
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 8686
ID
8686