Adolf Baeyer an Ernst Haeckel, München, 16. März 1899
München 16/3. 99.
Verehrter Freund!
Habe herzlichen Dank für das schöne Geschenk! Die Kunstformen der Natur haben mir & meiner Familie die größte Freude bereitet. Wir Chemiker sind leider noch nicht so weit anschauliche Bilder von unserm Formenreichthum zu geben & wenn man einmal || wirklich dazu gelangen sollte Eiweißmoleküle so darzustellen, wie Du die Medusen, so werde ich das wohl nicht mehr erleben.
Ich bin gerade auf dem Sprunge mit meiner Familie nach Sicilien zu reisen & bedauere doppelt so wenig Zoologie gelernt zu haben, daß ich die dortigen Schätze nicht richtig würdigen kann. Über die Botanik bin ich nicht hinausgekommen, und will nun sehen, ob vielleicht mein Sohn, dessen || Du Dich in so liebenswürdiger Weise angenommen hast, genug gelernt hat, um mir ein Verständniß von den Wundern der Seeschaft beizubringen.
Mit herzlichen Grüßen in alter Freundschaft
Dein getreuer
Adolf Baeyer.