Theodor Bail an Ernst Haeckel, Danzig, 26. Mai 1903
Danzig 26. Mai
1903.
Hochgeehrter Herr Hofrat!
Sie haben mir durch die Einverleibung Ihres prächtigen Bildes in mein Album und durch Ihren Brief vom 3. Mai eine sehr große Freude bereitet. Sie erwähnen in letzterem unser Zusammentreffen im Jahre 1860. Noch stehen Sie mir lebhaft vor Augen, wie ich Sie zum ersten Male auf dem Bahnhof in Kreuz erblickte, von wo Sie mir ein freundlich helfender Begleiter bis || nach Königsberg wurden, in dem wir dann wie in Marienburg, Dirschau und Danzig vereint angenehme und angeregte Stunden verlebten. Auch erinnert mich Ihr mir von Ihnen geschenktes Bild von 1867 noch sehr an Ihre damalige Erscheinung.
Was haben Sie seit jener Zeit alles geschaffen, und wie hat sich Ihr stetes Geistesleben in Ihren Zügen selbst ausgeprägt! Ihre Arbeiten sind oft Gegenstand von Vorträgen in unserer Naturforschenden Gesellschaft, und noch vor Kurzem hat einer meiner Schüler, Oberlehrer Dr Lakowitz, Ihre Kunstformen der Natur einem größeren Hörerkreise durch eine Auswahl vorzüglicher, selbst äußerst gelungener bunter || Skioptikonbilder erläutert, unter denen sich Ihre D. Annasethe befand, welche für mich durch die Beziehungen ihres Artnamens zu Ihnen selbst ganz besonderes Interesse hat. –
Obgleich, wie Sie wissen, ich mein eigentliches Ziel nicht erreicht habe und zu meinem Bedauern genötigt war, von der Lösung wichtiger von mir in Angriff genommener wissenschaftlicher Fragen Abstand zu nehmen, verschönt doch die Anerkennung, Freundschaft und Liebe, die mir so vielseitig entgegen gebracht wird, den Abend meines Lebens und zeigt mir, daß dieses nicht vergebens gewesen ist. Sind Sie selbst aufs Herzlichste für Ihre mich beglückende Teilnahme an || der Feier meines 70sten Geburtstages bedankt! Einen recht frohen und glücklichen Lebensabend wünscht auch
Ihnen
in vorzüglicher Verehrung
Ihr ergebener
Th. Bail.
Nachschrift! Die verspätete Absendung dieses Briefes bitte ich mit der Verzögerung der Fertigstellung meines Bildes zu entschuldigen.