Bail, Theodor

Theodor Bail an Ernst Haeckel, Danzig, 14. September 1868

Danzig 14. September

1868.

Hochverehrter Herr Professor!

Bei dem gütigen Wohlwollen, welches Sie mir bewiesen haben, darf ich mich wohl der Hoffnung hingeben, daß Sie mir wegen meines langen Schweigens nicht zürnen. In der Freiburger Angelegenheit hat mich nur das Verhalten des Prof. Sachs betrübt, der mir auf ein gleich anfangs an ihn gerichtetes Schreiben nicht einmal geantwortet hat.

Sie schlossen Ihren letzten herzlichen Brief mit dem Wunsche, daß sich bald eine andre Gelegenheit finden möge, meinen Wunsch zu erfüllen; Sie würden mich in höchstem Grade beglücken, wenn Sie diese Gelegenheit jetzt in Pringsheims Weggang erblicken || wollten. Ich darf mit gutem Gewissen das Bekenntniß ablegen, daß ich für alle Zweige der Botanik das lebendigste Interesse und eine allseitige Vorbildung besitze, daß ich in Folge meiner eigenen Begeisterung stets anregend gewirkt habe, und daß ich mich durch meine Spezialstudien bei wachsender Muße noch mehr als bisher an der Förderung der Wissenschaft betheiligen werde. Doch das hätte ich Ihnen, der Sie schon zwei Mal so freundlich waren, für mich zu wirken, wohl nicht erst zu schreiben brauchen. Wenn mir auch dies Mal Ihre Empfehlung zu Theil wird, dürfte ich bedeutend größere Hoffnungen, als das letzte Mal haben, und die Stellung in Jena wäre mir um so lockender, als Sie mich an Ihre Seite brächte.

Ich ersuche Sie nun herzlichst, mir in Kürze die Schritte mitzutheilen, die Sie für mich rathsam halten. ||

Darf ich vielleicht eine Vita und ein Verzeichniß meiner Schriften, Separatabzüge der letzteren, wie eine Abschrift eines früher gegen Sie erwähnten anerkennenden Schreibens der Dorpater Fakultät an Sie absenden?

Sollten Sie übrigens nach Dresden kommen, so würde ich schon in diesen Tagen das Glück haben, Sie wiederzusehen; ich reise in 3 Tagen dahin ab, leider nur mit zur genauen Noth 8tägigen Urlaub, sonst würde ich persönlich nach Jena kommen. Meine Arbeiten werden gegenwärtig in der Pariser Akademie wiederholt, und scheinen sich, wie aus No 6 der neusten Comptes rendus aus einem Aufsatz von Trécul wahrscheinlich wird, der Bestätigung zu erfreuen.

Nun, hochverehrter Herr Professor, führen Sie gütig zu Ende, was Sie so freundlich waren zu || beginnen, Sie retten mich dadurch aus einer Stellung, die, da ich den Forscherdrang in mir nicht einschläfern kann und will, das Maaß menschlicher Leistungsfähigkeit übersteigt.

In innigster Verehrung und Dankbarkeit

Ihr

ergebenster

Dr Bail.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.09.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 8210
ID
8210