Behm, Hans Wolfgang

Hans Wolfgang Behm an Ernst Haeckel, Münzesheim, 7. Januar 1910

Münzesheim, 7.I.010.

Bruchsal (Baden)

Hochgeehrter Herr Professor!

Es soll dieser Brief gewiß der letzte sein, mit dem ich es wage, nochmals an Sie demütigst in einer Angelegenheit heranzutreten.

Nehmen Sie sich doch bitte die Mühe, auch diesen letzten Worten von mir nochmals Ihr stets freundliches Wohlwollen zu schenken.

Meine Freude – am 30 September nunmehr sicherlich dem Volksschuldienst entsagen zu können – darf ich doch auch wohl Ihnen, mein lieber Herr Professor, mitteilen. Doch nun erlaube ich mir untertänigst und höflichst zur Sache zu schreiten.

Bekanntlich existiert ja schon geraume Zeit eine Zeitschrift des Monistenbundes. Nun habe ich manche Arbeiten über den Monismus selbst schon mit bestem Gewissen ausgearbeitet und habe versucht immer tiefer in das philosophische System unseres Monismus einzudringen. Mein Vorhaben ist nun, evtl. in genannter Zeitschrift u. a. auch einen Artikel zu publizieren. „Christliche Apologie gegen den Monismus.“ Dürfte ich mir nun höflichst || erlauben, bevor ich mich an den Generalsekretär des Monistenbundes wende, erst Ihnen, Herr Professor, diese ja nur kleine Arbeit zu übersenden, die Sie vielleicht nach Ihrer etwaigen Durchsicht Herrn Dr. Schmidt gütigst übermitteln würden?

Es soll dies bestimmt das letztemal sein, daß ich in Ihrem, der Ruhe bedürftigen Alter, Sie nochmals störe.

Doch weil dies nun meine letzten Worte sind, die ich Ihnen zurufen darf – Ihnen, lieber Herr Professor, durch dessen lauteres Vorbild ich meinen Lebensgenuß darin gefunden habe, in rastloser steter Arbeit, in rastlosem Schaffensdrang meine Lebenstage zu verbringen, in Arbeit u. a. nach einem Ideal, nach einem leuchtenden Rubin, der die Krone aller Weltanschauungen ist – so erfüllen Sie mir doch noch diesen meinen glühendsten Wunsch, ach, erfüllen Sie ihn, aus Ihrer Hand die schlichte Ernst-Haeckel Münze empfangen zu können, um mit ihr in stetem, ungetrübten Andenken bis an mein Lebensende in Ihrer hohen Person den || Menschen verehren zu können, der mir den wahren Wert des Lebens kennen gelernt hat, der mir gezeigt den Lebensweg trotz scharfer Dornen rüstig pilgern zu können.

Mit diesen meinen aufrichtigen von innigstem Herzen gesprochenen Worten, lassen Sie mich dann – nach mir zuversichtlicher, bestimmter Erfüllung meines letzten Wunsches – endgültig mit tiefstem Danke Abschied nehmen mit dem Wunsche noch recht lange in ungetrübter Geistesfrische den Rest Ihres köstlichen, fleißigen Lebens zu verbringen.

So darf ich dann ja auch gewiß bei Ihnen verbleiben

mit herzinnigsten[!] Gruße

in tiefster Ehrfurcht

Ihr Hans Behm.

 

Letter metadata

Gattung
Empfänger
Datierung
07.01.1910
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7868
ID
7868