Franz Becker an Ernst Haeckel, Sarnen, 15. Juli 1919
Privat
Pension Seiler
Sarnen Schweiz
15 July 1919.
Hochgeehrter Herr Professor,
Vor Allem hoffe ich, daß Sie so gesund und wohl sind, als es Ihr hohes, glorreiches Alter erlaubt. –
Zweck dieser Zeilen ist, bei Ihnen anzufragen, ob Sie das Buch kennen, von Karl Becker (leidera weder bekannt noch verwandt mit mir) betitelt „Religion in Vergangenheit und Zukunft“? Ich finde es ein ganz vortreffliches Buch und so klar und deutlich und so wenig modern akademisch (verschnörkelt) geschrieben, || daß es eine Freude ist, es zu lesen. –
Der Herr scheint ein ganz gelehrtes Haus zu sein und die Frage die er behandelt vollständig zu beherrschen. –
Die Religion der Zukunft, soll, nach ihm, eine Religion der Seele sein, womit ich ganz einverstanden bin, denn diese ist ganz gut vereinbar mit unseren Ideen. –
Ich wollte Sie fragen, ob Sie nicht die Güte haben || wollten, dem Herrn Karlb Becker einige Worte der Anerkennung zu schreiben; Sie würden ihn dadurch auchc zu weiterer Arbeit ermutigen und er verdiene jetzt schon diese Befriedigung und weit mehr als Herr Koltan, welcher Verschiedenes geschrieben hat, womit ich nicht einverstanden bin. –
Der Unglücksstern Deutschlands naht seinem Schicksal; für die Ruhe, das Gedeihen und das Glück Deutschlands, hoffe ich, daß es bald vollbracht werde. –
Sie hochgeehrter Herr Professor, bitte ich, meine hochachtungsvollen und ergebensten Grüße zu genehmigen
Franz Joh. Jakob Becker ||
P. S.
Was ist das für ein wiederlicher, gehäßiger bösartiger Artikel von Prof. Plate betreffs des Phyletischen Museum in den soeben erhaltenen Mitteilungen des Bundes!! Ich möchte nur fragen, was wäre der Herr Prof. ohne Sie und das von Ihnen gestiftete Gebäude; er wäre ein mehr oder weniger obscurer Professor geblieben, von dem man, außerhalb den Grenzen Jena’s wahrscheinlich nicht viel gehört hätte. –
Es ist eine Verirrung der „Mitteilungen“ den Artikel in dieser Form, zu veröffentlichen. –
a eingef.: leider; b eingef.: Karl; c eingef.: auch