Franz Becker an Ernst Haeckel, Muralto, 18. November 1916
18 Nov. 1916
Poste Restante
Muralto, Tessin
Hochgeehrter Herr Professor,
Ich bestätige Ihnen meine Postcarte vom 14 des und habe nun Ihren Nachruf für Ihren Schüler Prof. A. Lang mit Interesse gelesen, es freut mich, daß dieser Herr, für den Sie so viel Lob haben, ein Schweizer war, obschon es sehr zu bedauern ist, daß er nicht mehr in die Öffentlichkeit trat, um die Entwicklungslehre und den Monismus bekannt zu machen. – ||
Als Gelehrter, als Ihr Freund und Assistent, hätte er unserer Sache, in der Schweiz, sehr große Dienste leisten können. – Da er es nicht gethan hat, so will ich hoffen, daß es nur die Abhängigkeit von seiner Stelle war, die ihn zu seinem auffallenden Stillschweigen bewog, denn sonst könnte ich von dem Herren keine große Achtung haben. –
Ich sehe aus Ihrem Cambridger Vortrag den ich mit Interesse und Bewunderung gelesen habe, daß Sie darin, die Forschungen, || von den Herren Dr. Paul und Fritz Sarasin (von Basel) sehr ehrenvolla erwähnen; Ich erlaube mir daher, Ihnen vorzuschlagen, sich, betreffs Beiträgen für Ihr Phyletisches Archiv, an diese Herren zu wenden. – Diese beiden Herren, sind Millionäre und haben dazu noch sehr reiche Verwandte, sodaß sie Ihnen mit Leichtigkeit F 50tsd und F 100tsd stiften könnten wenn sie wollten; Schreiben Sie diesen Herren, wie Sie mir geschrieben haben, oder beauftragen Sie Herrn Dr. Schmidt dazu. – Ich würde es selbst gerne thun, aber || ich kenne die Basler zu genau = ein Fremder hat in dieser Beziehung mehr Glück als ein Einheimischer; jetzt unterstützen sie z. B. wieder die Buben v. Armenien etc. etc. während der größte Theil der Schweizer Bevölkerung über den hohen Preis und den theilweisen Mangel an Lebensmitteln jammert und klagt. – Es ist ein Elend! –
Haben Sie schon die neue Zeitschrift „Der unsichtbare Tempel“ der Gebr. Horneffer gesehen? welche im zweiten Kriegsjahr, entstanden ist, während das „Monistische Jahrhundert“ schon im ersten Kriegsjahr, eingehen mußte!! Traurig aber wahr!
Mit hochachtungsvollen Grüßen Ihr ergebener Franz Beckerb
a eingef.: sehr ehrenvoll; b Text weiter am linken Rand von S. 4: Mit hochachtungsvollen … Franz Becker